Denar, Taler, Groschen: Die Prager Münzstätte

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Gold-Dukaten aus der Zeit von Wenzel IV., Silber-Taler aus dem 17. Jahrhundert oder Silber-Kreuzer aus Maria Theresias Zeiten. Diese und viele andere Exemplare kann man in einer Ausstellung bewundern, die im Prager Stadtmuseum eröffnet wurde. Sie dokumentiert die Entwicklung des Münzwesens in der tschechischen Hauptstadt.

Die Anfänge der Münzsammlung des Prager Stadtmuseums reichen in die 80er Jahre des 19. Jahrhunderts zurück. Der Großteil der Münzen wurde aber erst Anfang des 20. Jahrhunderts zusammengetragen. Zu der Zeit erwarb man zahlreiche einzelne wertvolle Münzen. Dazu kamen mehrere umfangreiche Münzfunde, die Archäologen auf dem Gebiet von Prag gemacht haben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Sammlung nur um einige neue Exemplare erweitert. In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde ein Teil der numismatischen Sammlung der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Ausstellung trug damals den Titel „Prazska mincovna – die Prager Münzstätte – 900 Jahre böhmische Münzen“. Seitdem hat das Museum viele neue Exemplare gekauft und erhalten. Systematisch hat man vor allem Prager Prägungen angeschafft. Das Thema „Prager Münzstätte“ erhielt damit nach mehr als 30 Jahren neue Aktualität.

Die Prager Münzstätte ist in vielen Epochen unmittelbar mit der Geschichte des tschechischen Staates verbunden gewesen, sagt Jiri Militký. Er ist Kurator der Ausstellung im Stadtmuseum. Aus diesem Grund verdiene die Prager Münze entsprechende Aufmerksamkeit:

„Ziel der Ausstellung ist die Münzsammlung des Stadtmuseums vorzustellen, bisher ist sie nicht sehr bekannt. Die Besucher können sich vor allem mit der Entwicklung des Geldwesens in Böhmen bekannt machen – von den Denaren bis zu den Talern. Gezeigt wird, welche Rolle die Prager Münzstätte im Laufe der Jahrhunderte gespielt hat. Die Ausstellung dokumentiert die historische Entwicklung vom 10. bis zum 19. Jahrhundert: Wir unterscheiden drei Hauptetappen des Münzwesens: die Epoche des Denar, des Groschen und des Talers.“

Die Anfänge des Geldwesens in Böhmen und damit auch die Ausstellung beginnt mit den Denaren. Diese Silbermünzen wurden seit dem Premyslidenfürst Boleslav II. geprägt - angeblich seit den 60er Jahren des 9. Jahrhunderts. Über den genauen Zeitpunkt würden, so der Kurator, immer noch Diskussionen geführt. Die ältesten Münzen, die in Böhmen geprägt wurden, entstanden nach bayerischen Vorbildern aus Regensburg. Wichtig war damals, dass die böhmischen Münzen auch im internationalen Handel benutzt werden konnten. Bekannt ist, dass im Frühmittelalter nicht die ganze Gesellschaft im Königreich Böhmen schon Münzen verwendet hat. Dies war den höheren Bevölkerungsschichten und den Kaufleuten vorbehalten. Durchschnittsbürger kamen nur selten mit Münzen in Kontakt.

„Dies änderte sich während des 11. Jahrhunderts, und im 12. Jahrhundert waren Denare auch bereits unter Bauern verbreitet. Während die ältesten Denare aus Silber hergestellt wurden, das von einer guten Qualität war, finden sich aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts auch Münzen, die aus sehr schlechtem Material geprägt waren - vor allem aus Kupfer. Dies liefert uns den Beweis, dass schon damals inflationäre Prozesse vor sich gingen. Die böhmischen Münzen aus dem 12. Jahrhundert sind dadurch bekannt geworden, dass sie auf sehr hohem künstlerischem Niveau gefertigt wurden. Sie gehörten zu den schönsten in Mitteleuropa.“

Später, im 16. bis 17. Jahrhundert, wurden böhmische Münzen aus importierten Metallen hergestellt. Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis zum ersten Viertel des 17. Jahrhunderts war der Umlauf der Münzen in Mitteleuropa sehr hoch. Das gilt für beide Richtungen: sowohl aus dem Ausland nach Böhmen, als auch umgekehrt.

„Wir haben Beweise, dass in Prag Münzen auf Bestellung geprägt wurden, und zwar durch die Vermittlung des Edelmetallhändlers Bartolomej Albrecht. Er ließ in Prag vor allem Goldmünzen prägen. Diese führte er vorwiegend in den deutschen Raum aus. Das Metall, das für die Münzen benutzt wurde, wurde teilweise aus Spanien sowie aus Mittel- und Südamerika importiert. Viele Münzen aus dieser Zeit, die in Deutschland gefunden wurden, tauchen genauso in den Funden in Tschechien auf. Dies zeugt davon, dass die Münzen damals starken Umlauf hatten. Für die Umrechnung war es sehr kompliziert, weil die Münzen von verschiedenem Wert und nicht immer mit dem Habsburgischem System kompatibel waren.“

Wer Geld besaß, wusste damals deswegen nie so ganz genau, wie reich er eigentlich war. Kann sein, dass aus dieser Zeit einige Wortwendungen stammen, die mit Geld zusammenhängen: „neco je za babku“ – bedeutet bis heute, dass etwas spottbillig ist. Oder aber „to stoji za zlamanou gresli“ – wörtlich: „Das kostet einen gebrochenen Groschen“ – bedeutet, dass eine Sache nicht viel wert ist.

„Es ist interessant, dass sich bis in die Gegenwart Ausdrücke erhalten haben, die als Synonyme für Münzen dienten. Die Begriffe wie „babka“ oder „gresle“ wurden im 17. Jahrhundert benutzt. „Babka“ war eine umgangssprachliche Bezeichnung für das Kleingeld, „gresle“ wurden in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und später auch unter Maria Theresia geprägt. Nur wenige Leute wissen, dass sie Begriffe benutzen, die sehr alt sind.“

Sowohl „babka“ als auch “gresle“ hatten dem Kurator zufolge fast keinen Wert, sie wären heute mit den Hellern vergleichbar. Und die sind seit vergangenem Jahr in Tschechien nicht mehr gültig.

Bis wann wurde in der Prager Münzstätte Geld geprägt?

„Die Prager Münzstätte wurde zweimal sogar geschlossen: zum ersten Mal 1784, im Rahmen der Josefinischen Reformen. Anstelle des Hanka-Hauses, in dem die Münzstätte seit 1539 untergebracht war, wurde das Palais Pachta erbaut. Es war an der Ecke der Celetná und Ovocný trh (der Zeltnergasse und des Obstmarktes). Unter Franz II. wurde die Präge 1795 erneuert, diesmal wurde sie im Gebäude des zuvor geschlossenen Paulanerklosters auf dem Altstädter Ring errichtet. Dort wurden Münzen bis auf kurze Pausen bis 1856 geprägt. Ein Jahr später wurde die Münzstätte offiziell geschlossen. Dies war das endgültige Aus für die Münzprägung auf tschechischem Gebiet.“

In der Ausstellung sind etwa 1000 Münzen zu sehen. Die komplette Sammlung des Stadtmuseums ist aber bedeutend größer, sie umfasst etwa 8500 Exemplare. Doch das ist nichts im Vergleich zum Nationalmuseum, dort lagern insgesamt rund eine Million Münzen – ein riesiges Potenzial also.

Die Ausstellung ist noch im Prager Stadtmuseum bis zum 23. August zu sehen.