Zur Sicherheit auf Tschechiens Straßen

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Während der Sommermonate sind viele Tschechen auf den Straßen unterwegs. Sie fahren in der Regel immer noch am häufigsten mit dem Auto in den Urlaub. Oft führt dann die Fahrt in sehr weite Destinationen, wie etwa nach Kroatien, das nach wie vor für viele das Urlaubsland Nummer 1 ist. Gerade die Tschechen sind dafür berühmt-berüchtigt, dass sie die knapp 700-Kilometer-Strecke an die Adria-Küste oft an einem Tag und ohne Pausen bewältigen. Nicht nur auf Grund dessen sind die Unfall-Risiken gerade im Juli und August besonders hoch. Zu erwähnen ist aber auch, dass die Sommermonate vielerorts auch dazu genutzt werden, dass die Straßen repariert werden, was in einigen Bereichen wiederum Einschränkungen des Verkehrs verursacht und somit - gerade, wenn man die Disziplinlosigkeit einiger Autofahrer bedenkt - das Unfall-Risiko erhöhen kann.

Illustrationsfoto: Jana Šustová,  Radio Prague International
Einer der Gründe, warum gerade in den Sommermonaten auf Tschechiens Straßen weit aus mehr Unfälle als in den übrigen Monaten geschehen, ist relativ simpel: Viele, vor allem ältere Fahrer, sind nämlich im Winter mit ihrem Gefährt generell nicht unterwegs und lassen ihre Autos in den Garagen stehen. Im Sommer sind dann aber auch diese Fahrer unterwegs und tragen somit zum erhöhten Verkehrsaufkommen bei.

Was sind die häufigsten Ursachen für Unfälle in Tschechien und lassen sich Vergleiche zu den übrigen europäischen Ländern anstellen? Das fragten wir die Pressesprecherin des tschechischen Verkehrsministeriums, Marcela Svejnohova:

"Es gibt vier Hauptursachen für Verkehrsunfälle: Erstens die schlechte Fahrweise der Autofahrer, dazu gehört z.B. das Nichteinhalten des notwendigen Abstands - vor allem auf den tschechischen Autobahnen ist dieses Übel stark verbreitet. Die zweithäufigste Ursache ist das Nichtbeachten der Vorfahrt an Kreuzungen. Zu den nächsten typischen Sünden der tschechischen Fahrer gehört das Nichteinhalten der vorgeschriebenen Geschwindigkeit. Nicht vergessen werden darf auch riskantes Überholen - vor allem an Stellen, wo man gar nicht überholen darf. Vor allem bei den Fahrern von LKW kann auch Müdigkeit am Steuer ebenfalls eine weitere wichtige Ursache von Unfällen sein. Was den Vergleich mit den übrigen europäischen Staaten angeht, so muss ich leider feststellen, dass bei der Zahl der Verkehrstoten Tschechien hier einen traurigen Spitzenplatz einnimmt. Zum Glück ist es aber während der letzten anderthalb Jahre zu einer positiven Wende gekommen."

Diese positive Wende, die Frau Svejnohova im Gespräch mit Radio Prag erwähnte, lässt sich nicht zuletzt aus der jüngsten Verkehrsstatistik ableiten, die vor einigen Wochen veröffentlicht wurde und die den Zeitraum der ersten Jahreshälfte umfasst. Gemäß dieser Statistik gab es im ersten Halbjahr 2005 die geringste Zahl an Verkehrstoten seit 1990. Lässt sich daraus schon ein positiver Trend ableiten?

"Das Jahr 2004 war wirklich ein Jahr der Trendumkehr, weil sich die Zahl der Opfer von Verkehrsunfällen um Hundert verringert hat. Wir hoffen natürlich, dass es gelingen wird diesen Trend zu halten. Die Erklärung für diese Entwicklung sind sicherlich die zahlreichen Maßnahmen, die die Regierung auf dem Feld der Verkehrssicherheit getroffen hat. So wurde z.B. eine Nationale Strategie für Verkehrssicherheit verabschiedet mit dem erklärten Ziel die Zahl der Toten auf Tschechiens Straßen bis zum Jahr 2010 im Vergleich zu 2002 um die Hälfte verringern. Bislang scheint das zu funktionieren - hoffentlich wird dieser Trend auch weitergehen. Einige Verkehrsexperten vertreten auch die Ansicht, dass die modernen Autos immer sicherer sind und somit Unfälle nicht unbedingt immer tragisch enden müssen, wie etwa bei älteren Autos."

Bis zu dieser sich abzeichnenden Trendwende schwankte die Zahl der Verkehrstoten in Tschechien zum Beispiel in den Jahren 2002 bis 2003 um die 1300 Personen, im vergangenen Jahr kamen im Straßenverkehr 1215 Menschen ums Leben. Sollten sich also die positiven Zahlen, die sich für das erste Halbjahr andeuten, bestätigen, sollte gegen Ende dieses Jahres die 1200-Marke wesentlich unterschritten werden.

Zu den am meisten gefährdeten Bevölkerungsgruppen gehören Kinder. Im vergangenen Jahr kamen 25 im Straßenverkehr ums Leben. Während man bei den Erwachsenen annehmen kann, dass sie in ihrem Leben mindestens einmal - nämlich in der Schule - auf die Gefahren des Straßenverkehrs aufmerksam gemacht wurden, kann man das gleiche bei den heutigen Schülern, angesichts der mittlerweile stark unterschiedlichen Lehrpläne, nicht mehr automatisch annehmen. Gibt es heute zumindest an einigen Schulen so etwas wie eine Art Verkehrserziehung?

"Die Verkehrserziehung wurde zu Beginn der 90er Jahre allgemein nicht gebührend ernst genommen worden. Natürlich versuchen wir das heute zu ändern. So werden Broschüren herausgegeben und an Lehrer, oder auch die Eltern der Kinder verteilt. Aber es muss auch gesagt werden, dass nicht alles auf die Schulen übertragen werden kann. Es stimmt leider, dass die Großzahl jener Kinder, die in diesem Jahr ums Leben gekommen sind, Beifahrer waren in den Autos waren, die Hälfte davon war nicht angeschnallt. Also die Gründe dafür sollten eher bei den Eltern der Kinder und nicht bei den Kindern selber gesucht werden. Wichtig ist natürlich in diesem Zusammenhang der Gebrauch von Kindersitzen, weil ein Kind, welches nicht angegurtet ist, sowohl sich selber, wie auch die vorne sitzenden Eltern töten kann."

Im Kampf um ein stärkeres Maß an Verkehrssicherheit in Tschechien verspricht sich das zuständige Verkehrsministerium viel von der Einführung des Punkte-Führerscheins, den es in einigen EU-Ländern schon seit Jahren gibt.

Unter Tschechiens Politikern ist jedoch dieser Vorschlag nicht unumstritten. Als vor einigen Tagen die entsprechende Vorlage im Senat, der zweiten Parlamentskammer, behandelt wurde, kam wieder einmal die ganze Palette der Gegenargumenten zur Sprache, wie etwa, dass der Punkte-Führerschein den Polizisten eine allzu große Macht in die Hände geben würde, oder dass die so genannten anständigen Fahrer die - Zitat - "einmal, oder zweimal vergessen sich anzugurten und dabei erwischt werden" gleich mehrere Punkte in ihre Sündenregister eingetragen bekommen usw.

Zu diesen Einwänden meint Frau Svejnohova vom Prager Verkehrsministerium:

"Das Punkte-System ist eine präventiv-repressive Maßnahme, weil vielen verantwortungslosen Autofahrern jegliches Verantwortungsgefühl für ihre eigenen Gesundheit, wie auch die Gesundheit der übrigen Verkehrsteilnehmer fehlt. Ich glaube nicht, dass sich das auf Kosten der so genannten anständigen Fahrer negativ auswirken könnte. Das zeigen auch die Erfahrungen in Westeuropa, wo es gegenwärtig in neun Ländern der EU diesen Punkte-Führerschein gibt. Überall dort, wo man sich dazu entschlossen hatte, stellten sich die Erfolge sehr rasch Erfolge ein. Zum Beispiel in Frankreich ist nach der Einführung des Punkte-Führerscheins die Zahl der Verkehrstoten um mehrere Prozentpunkte zurückgegangen."

Der Disziplinlosigkeit einiger tschechischer Fahrer versucht die Polizei schon seit einigen Jahren mit verstärkten landesweiten Kontrollen und so genannten Sicherheitstagen Herr zu werden. Das Hauptaugenmerk galt dabei vor allem dem Kampf gegen Trunkenheit am Steuer, ebenso wie auch dem Nichteinhalten der Höchstgeschwindigkeiten. Oft sind die Polizisten dabei auch sehr einfallsreich vorgegangen, in dem sie zum Beispiel auch Hubschrauber eingesetzt haben.

Zu den wichtigsten Ergebnissen dieser Sicherheitsaktionen gehört auch die Erkenntnis, dass an einigen Orten sich oft immer die gleichen Autofahrer ins Netz der Polizei, bzw. der Radar-Kontrollen fingen. Sollte deshalb die Vergabe von Führerscheinen nicht an weitere Bedingungen geknüpft werden - etwa an verstärkte, oder auch regelmäßig wiederholte psychologische Tests, die vielleicht latent aggressives Verhalten bei den potentiellen Autofahrern aufdecken könnten? Hören Sie dazu abschließend noch einmal Marcela Svejnohova vom tschechischen Verkehrsministerium:

"Hier muss man bei den Ärzten beginnen, weil jeder, der einen Führerschein haben will, muss nachweisen können, dass er dazu im Stande ist. Der Arzt sollte dann alle Aspekte seiner Gesundheit zur Kenntnis nehmen, einschließlich möglicher Neigungen zu aggressivem Verhalten. Die Durchführung von vorgeschriebenen psychologischen Tests ist bislang nicht geplant. Natürlich ganz anders stellt sich die Frage dar, wenn der betreffende Fahrer bereits früher gegen die Verkehrsordnung verstoßen hat und ihm der Führerschein entzogen wurde. Künftig müssen solche Fahrer wiederholt Eignungstests in der Fahrschule bestehen und deren gesundheitliche Voraussetzungen müssen erneut von einem Arzt beurteilt werden."