Ebola, Naturkatastrophen und Krieg: Tschechische Ärzte ohne Grenzen sind weltweit im Einsatz

Foto: ČTK

Die Ärzte ohne Grenzen gerieten in letzter Zeit oft in die Schlagzeilen. Die Krankenhäuser der Hilfsorganisation wurden zum Ziel von Bombardements in Syrien, Afghanistan und dem Jemen. Die tschechische Sektion der Ärzte ohne Grenzen hat ihre Arbeit jetzt für die Prager sichtbar gemacht. Sie haben auf dem Platz Naměstí Míru ein Feldlazarett aufgeschlagen.

Feldlazarett auf dem Platz Naměstí Míru  (Foto: ČTK)
Die Ärzte ohne Grenzen sind erst jüngst wieder in den Fokus der Medien gerückt. Grund dafür sind Bombardements von Krankenhäusern der Organisation in Afghanistan, Syrien und dem Jemen. Dazu sind die Ärzte und Helfer durch die Flüchtlingskrise und den Konflikt in der Ukraine immer mehr in Europa im Einsatz.

Die tschechische Sektion hat sich sichtbar gemacht und im Zentrum Prags ein Feldlazarett errichtet. Lucie Brinzanik hat die Ausstellung mitorganisiert:



Feldlazarett auf dem Platz Naměstí Míru  (Foto: ČTK)
„Wir möchten mit der Ausstellung ‚Ärzte ohne Grenzen – Feldlazarett‘ unsere Arbeit vor Ort zeigen. Wir stellen das dar, was wir tatsächlich im Einsatz erleben und welche Instrumente wir benutzen. Für die Besucher ist alles zum Anfassen. Unsere Helfer führen die Besucher durch die Ausstellung und berichten von ihren eigenen Erlebnissen.“

Als Besucher fühlt man sich tatsächlich in ein Krisengebiet versetzt, ob nun nach Sierra Leone, Syrien oder Haiti. Lucie Brinzanik:

Feldlazarett auf dem Platz Naměstí Míru  (Foto: Strahinja Bućan)
„Hier sieht man, was wir auf unseren Missionen machen: Hier sind Zelte zur allgemeinen medizinischen Versorgung und Impfung. Aktuell interessant sind auch die Einrichtungen zur Behandlung von Cholera und Ebola. Ein Thema ist zudem die unmittelbare Katastrophenhilfe. Das heißt, wie schnell kann ein Notfalllager nach einer Naturkatastrophe entstehen. Teil davon ist ein aufblasbares Krankenhaus, in dem selbst Operationen möglich sind. Zudem sind hier weniger bekannte Bereiche unserer Arbeit zu sehen, wie die Tätigkeit von Psychologen. Schließlich zeigen wir ganz triviale Dinge wie Sanitäranlagen oder die Trinkwasserversorgung.“

Kein Platz für persönlichen Stolz

Foto: Štěpán Macháček,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
Die Ärzte ohne Grenzen wollen bewusst die Menschen hinter ihrer Arbeit zeigen. Der humanitäre Auftrag der Ärzte soll damit ein Gesicht bekommen und greifbarer für den Normalbürger werden. Die Helfer bemühen sich um größtmögliche Offenheit und sprechen darüber, was sie bewegt und warum sie sich für die Ärzte ohne Grenzen engagieren. Zdeněk Müller ist Logistiker, er hat gegen Cholera und Ebola in Afrika und die miserablen hygienischen Bedingungen in irakischen Flüchtlingslagern gekämpft:

„Eigentlich bin ich studierter Bauingenieur und Statiker. Insgesamt habe ich fünf Jahre in meinem Beruf gearbeitet und einige Gebäude hier in Prag gebaut. Ich habe mich dann bei den Ärzten ohne Grenzen als Konstruktionsingenieur beworben. In der Welt herumzukommen und etwas Gutes zu tun, das hat mich schon gereizt. Ich habe schnell festgestellt, dass mein Aufgabenbereich viel weiter ist: Wartung von Autos und Sendeanlagen, die Organisation von Sicherheitsmaßnahmen und eben das Bauen von Latrinen in Flüchtlingslagern. Damit hatte ich anfangs wirklich ein Problem, da es mir weit unter meinem Niveau erschien. Ich konnte ja ein Haus bauen, und dann sollte ich mich mit so etwas wie Latrinen befassen. Jetzt aber bin ich sehr stolz auf mich. Gerade mit dieser Arbeit habe ich Leben retten können.“

Ebola-Epidemie  (Foto: Archiv der Ärzte ohne Grenzen)
Zurzeit sind rund 60 tschechische Mitarbeiter der Ärzte ohne Grenzen im Einsatz. Sie sind hauptsächlich in Afrika tätig. Ein besonderer Brennpunkt war dabei die Ebola-Epidemie in Westafrika. Aber auch in den Konfliktgebieten des Nahen Ostens helfen tschechische Spezialisten. Hauptaufgabengebiet ist dort die Versorgung der Flüchtlinge innerhalb des Iraks und Syriens. Insgesamt kann die Organisation auf weit über 100 Unterstützer in Tschechien zurückgreifen. Dazu gehört auch das nichtmedizinische Personal.

Wachsende Gefahren für die Ärzte ohne Grenzen

Foto: nesimo,  CC BY-SA 3.0
Vor allem in Kriegsgebieten sehen sich die Ärzte ohne Grenzen aber immer mehr Gefahren ausgesetzt. Die Organisation richtet sich in Konflikten nach der Genfer Konvention. Das bedeutet, dass sie einen neutralen Raum bietet und alle Menschen in einem Konflikt behandelt – unabhängig davon, welcher Konfliktpartei sie angehören. Sie verkörpert das auch in ihrem Slogan „Ärztliche und humanitäre Hilfe – dort, wo sie gebraucht wird, unabhängig, neutral, unparteiisch“ Auf der anderen Seite sind die Helfer durch die Konvention auch geschützt.

Lucia Brinzanik  (Foto: Archiv von Lucia Brinzanik)
Mit den jüngsten Angriffen auf Einrichtungen der Ärzte ohne Grenzen im Irak, dem Jemen oder Syrien steht die Organisation jedoch vor einem großen Problem. Es wird immer schwieriger, Menschen für die Missionen zu gewinnen. Lucie Brinzanik:

„Ich kann nicht sagen, dass es leicht ist, neue Leute für die Ärzte ohne Grenzen zu begeistern. Wir suchen ununterbrochen neue Mitarbeit, ob nun Ärzte, Psychologen, Logistiker oder aber auch in der Verwaltung. Unsere Missionen müssen durchgehend funktionieren. Wir sind um jeden froh, der sich bei uns meldet. Natürlich sieht unsere Arbeit auf den ersten Blick gefährlich aus. Wir arbeiten aber in mehr als 60 Staaten der Erde. Und nicht in jedem dieser Länder wird Krieg geführt. Wir bieten auch in vielen anderen Bereichen Hilfe. Beispiele sind die Aids- oder Tuberkulosehilfe in den Ländern des postsowjetischen Raums oder Afrikas. Es geht Gott sei Dank bei uns nicht immer um Leben oder Tod.“

Angst spielt bei den meisten Helfern keine Rolle

DFID - UK Department for International Development,  CC BY 2.0
Lucie Brinzanik war selbst im Irak, Uganda und Kenia. Sie hat es nie bereut, bei den Ärzten ohne Grenzen angefangen zu haben. Sie habe sich einen Traum zum Beruf gemacht, sagt sie. Trotzdem ist das Thema Angst allgegenwärtig. Lucie Brinzanik hat darauf aber eine ganz einfache Antwort:

„Ich habe definitiv keine Angst. Die Ärzte ohne Grenzen haben sehr strenge Regeln, was die Sicherheit betrifft. Die Helfer sind durchgehend geschützt. Die Bemühungen sind groß, immer mit allen Seiten zu kommunizieren. So soll ein neutraler Raum für unsere Arbeit geschaffen werden.“

Die Ausstellung lockt viele Besucher an. Dabei zieht sich das Interesse durch alle Bevölkerungsgruppen – von der Schulklasse bis hin zum Rentner, der als junger Mann auch für die Gesundheit anderer engagiert war. Lucie Brinzanik freut das sehr:

Ausstellung in Prag  (Foto: ČTK)
„Die Prager reagieren sehr gut auf unsere Ausstellung. Natürlich besuchen uns nicht nur Prager. Viele kommen auch aus anderen Städten Tschechiens zu uns. Wir sind sehr froh, dass wir so ein großes Interesse bei den Menschen geweckt haben. Wir bekommen von unseren Besuchern auch durchgehend positive Rückmeldungen. Das hilft uns sehr und motiviert uns, mit unserer Arbeit weiterzumachen.“