Freilassung von Suu Kyi - Ein Erfolg der internationalen Gemeinschaft

Aung San Suu Kyi

Als Erfolg für die Menschenrechte wurde die Freilassung der birmanischen Dissidentin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi aus dem Hausarrest am Samstag gefeiert. Es sitzen jedoch noch immer Tausende politische Gefangene in den Gefängnissen Birmas. Ein Thema für die Kommentatoren der tschechischen Tageszeitungen.

Aung San Suu Kyi  (Foto: ČTK)
Der Kommentator Adam Černý ist skeptisch, ob Suu Kyi eine Demokratisierung Birmas bewirken kann. Ihre Freilassung aber begrüßt er natürlich. In der Hospodářské noviny schreibt Černý:

„Der Druck von außen hat bei der Freilassung von Aung San Suu Kyi eine wichtige Rolle gespielt. Das ist ein klarer Pluspunkt für die internationale Gemeinschaft, oder zumindest für jenen Teil von ihr – für den, der bereit ist, sich für die Menschenrechte einzusetzen.“

Aung San Suu Kyi  (Foto: ČTK)
Černý vermutet hinter der Freilassung der bekanntesten Dissidentin aber auch Kalkül der birmanischen Generäle. Sie wollten damit den Weg frei machen für internationale Zusammenarbeit, vor allem für den Handel mit Erdöl, auf das es nicht nur die Nachbarn China und Indien, sondern ebenso viele westliche Fördergesellschaften abgesehen hätten. Aber auch die innenpolitische Situation in Birma habe die Junta im Blick, schreibt Černý:

„Mit der Freilassung Suu Kyis testet die Junta auch, ob die Opposition stark ist, oder ob sie sich spalten lässt – in den Teil, der das Spiel des Parlaments mitspielt, und in den unversöhnlichen Teil, den man vielleicht isolieren kann. In dem politischen Poker haben beide Seiten, die Junta und die Opposition, viel gesetzt. Aber es ist eine ungleiche Partie. Die Generäle können nämlich die gerade Freigelassene wieder einsperren – wann immer es ihnen gefällt.“

Foto: ČTK
Zbyněk Petráček stellt in der Lidové noviny einen Zusammenhang her zwischen den Ereignissen in Birma und der Samtenen Revolution in der Tschechoslowakei, deren Beginn sich am Mittwoch zum 21. Mal jähren wird. Petráčeks Kommentar trägt die Überschrift „Wahrheit, Liebe und Birma“, eine Anspielung auf die Parole Václav Havels in der Nachwendezeit „Wahrheit und Liebe werden siegen“. Petráček nennt zwar den Namen des Ex-Präsidenten und früheren Dissidenten Havel nicht, dennoch vergleicht er ihn unmissverständlich mit Aung San Suu Kyi:

„Mit dem Wort ‚pravdoláskař’ (zu Deutsch etwa ‚Wahrheitsliebender’) stempeln wir Leute ab, die nach dem November 1989 eine apolitische Politik betrieben haben unter der Prämisse, dass man Schlechtes nicht mit Schlechtem vergelten solle. … Zwischen dem November 1989 und dem November 2010 besteht keine direkte Parallele. Bei uns lag die kollabierte Macht auf der Straße, in Birma halten sie immer noch die Generäle fest. Aber darüber, dass mit Suu Kyi die ‚Wahrheitsliebende’ Nummer 1 aus dem Hausarrest entlassen wurde, gibt es keinen Zweifel. Auch sie vertritt die Parole ‚Wir sind nicht wie sie’. Auch von ihr berichten die Medien unentwegt. Auch sie hat klare Strukturen hinter sich – nicht die Charta 77, aber die Nationale Liga für Demokratie. Glauben Sie, dass die ‚Wahrheitsliebenden’ mehr Schaden als Nutzen gebracht haben? Ok, dann sagen Sie jetzt, wer den Kampf gegen die birmanische Junta repräsentieren soll, wenn nicht die ‚Wahrheitsliebende’ Aung San Suu Kyi? Und nur am Rande: Wer hätte den Kampf vor 21 Jahren bei uns repräsentieren sollen?“

Eine rhetorische Frage, die Petráček wohl an die politischen Gegner Václav Havels richtet.