Klemens Wenzel von Metternich und Kynžvart

Klemens Wenzel Lothar Fürst von Metternich

Vor 150 Jahren ist Klemens Wenzel Lothar Fürst von Metternich gestorben. Der Außenminister und spätere Kanzler von Österreich hatte auf dem Wiener Kongress 1814 / 1815 die politische Neuordnung Europas nach den Napoleonischen Kriegen entscheidend mitbestimmt. Metternich besaß im westböhmischen Kynžvart / Königswart eine Sommerresidenz. Das prunkvolle klassizistische Schloss beherbergt bis heute die Kunstsammlungen Metternichs und seine wertvolle Bibliothek. Obwohl Metternich in Wien starb, hat man auf Schloss Kynžvart den runden Jahrestag nicht vergessen.

Klemens Wenzel Lothar Fürst von Metternich
Metternichs Todestag war der 6. Juni 1859. Auf Schloss Kynžvart hat man ihn auf besondere Weise gewürdigt. Kastellan Miloš Říha:

„Wir haben uns am Todestag von Metternich auf einer internationalen Konferenz in Pilsen präsentiert. Und hier im Schloss haben wir in der Kapelle des Heiligen Antonius die Original-Totenmaske Metternichs für die Öffentlichkeit ausgestellt.“

Auch wenn Metternich nicht in Böhmen starb, so ist er doch hier begraben: in der Familiengruft in Plasy / Plass nördlich von Plzeň / Pilsen.

Mehr als drei Jahrhunderte lang besaßen die Metternichs Königswart. Erworben hatten sie das Gut im Jahr 1623. Nach der Schlacht am Weißen Berg 1620 war das Herrschaftsgebiet, das zuvor den Herren von Zedwitz gehört hatte, konfisziert worden. Johann Reinhard von Metternich-Winneburg und Beilstein und mehrere seiner Brüder, allesamt Offiziere Wallensteins, übernahmen die Ländereien. Ende des 17. Jahrhunderts bauten sie die dortige heruntergekommene Renaissance-Festung zu einem Barockschloss um. Seine heutige Gestalt erhielt das Schloss durch Klemens Wenzel von Metternich. Miloš Říha:

Schloss Kynžvart  (Foto: Archiv Radio Prag)
„Fürst von Metternich hat Schloss Königswart als Geburtstagsgeschenk bekommen. Als Staatskanzler wohnte er vorwiegend in Wien, in der Villa Metternich am Rennweg. Schloss Königswart war seine Sommerresidenz. Ursprünglich waren hier vorwiegend Wirtschaftsgebäude, und die hat der italienische Architekt Pietro Nobile für Metternich zu einer Sommerresidenz im Stil des Wiener Klassizismus umbauen lassen. Wir wissen, dass Metternich mehrere Details selbst projektierte. Es sind viele Briefe erhalten, in denen Fürst von Metternich schreibt, dass ihn das hiesige wunderschöne Ambiente und die wunderschöne Natur immer inspiriert hat.“

1848 trat Metternich im Zuge der Märzrevolution zurück und verbrachte danach drei Jahre im Londoner Exil. In den Jahren danach bis zu seinem Tod 1859 weilte er oft auf Schloss Königswart. Der nun klassizistische Herrschaftssitz blieb noch bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs im Besitz der Metternichs. 1945 wurde er verstaatlicht.

Nach der Samtenen Revolution wurde Schloss Kynžvart generalüberholt und wird seither als Touristenattraktion nahe dem viel besuchten Kurbad Marienbad immer weiter ausgebaut. Vor kurzem ist zu den Restaurants und dem kleinen Hotel, die es schon länger gibt, ein Golfplatz hinzugekommen. Schloss Kynžvart steht mittlerweile auch auf der Liste des europäischen Kulturerbes des Europarats - als bisher einziges tschechisches Schloss.

Schloss Kynžvart  (Foto: Archiv Radio Prag)
„Im Dezember 2008 haben wir uns in Avignon auf der Konferenz des Europarats präsentiert. Und Schloss Königswart hat diesen höchsten Rang eines europäischen Kulturerbes erhalten.“

Womit aber hat sich Klemens Wenzel von Metternich auf dem idyllischen Schloss, tief im westböhmischen Kaiserwald, bei seinen Aufenthalten die Zeit vertrieben? Diplomatische Besuche empfing er zwar hauptsächlich in Wien, einige kamen jedoch auch nach Königswart, wie die Gästebücher belegen. Und Metternich entfaltete hier eine rege Geselligkeit.

„Der Habsburgerkaiser Ferdinand V. hat Metternich 1835 hier im Schloss besucht. Dies taten zum Beispiel aber auch Wilhelm II. oder der griechische König Otto. Und Metternich traf sich hier mit Kurgästen aus Marienbad. Wir wissen aus seinen Briefen, dass viele Kurgäste aus Marienbad mit der Kutsche Schloss Königswart besucht haben. Es sind nur zehn oder elf Kilometer durch den Wald.“

Es ist kein Geheimnis, dass der Kanzler von Österreich nicht nur zu regieren verstand, sondern auch die Süße des Lebens genoss. Über so manche Annehmlichkeit, die sich der Bonvivant gönnte, schweigt man sich bei den Führungen durch Schloss Kynžvart allerdings diskret aus. Stattdessen erfährt der Besucher, was Metternich nicht tat: Er tötete keine wilden Tiere.

Kastellan Miloš Říha  (Foto: Archiv Radio Prag)
„Das Jagdrevier Glatzen oberhalb von Königswart war schon damals bekannt. Metternich hat Jagdgesellschaften veranstaltet und sie unterstützt, aber er selbst hat angeblich nie gejagt“, so Miloš Říha.

Von den Jagdgesellschaften legen heute noch zahlreiche Trophäen Zeugnis ab, die Schloss Kynžvart schmücken. Metternich veranstaltete in Kynžvart jedoch nicht nur Jagden, sondern er frönte auch seiner Sammelleidenschaft. Der Fürst trug Bücher, Kunstwerke und Kuriositäten zusammen.

„Zum Beispiel haben wir zwei altägyptische Mumien hier. Sie sind Geschenke des osmanischen Vizekönigs von Ägypten, Muhammed Ali. Außerdem hat Metternich viele Sachen von den russischen Zaren Alexander I. und Nikolaus I. bekommen.“

Schloss Kynžvart  (Foto: Archiv Radio Prag)
Die Kuriositätensammlung von Schloss Kynžvart enthält aber auch das Gebetbuch von Marie Antoinette, die Glacéhandschuhe einer russischen Adligen oder einen Schuh von Papst Gregor XVI.

Die wertvollste Hinterlassenschaft Metternichts im Schloss Kynžvart ist jedoch die Bibliothek.

Schloss Kynžvart  (Foto: Archiv Radio Prag)
„Die Geschichte der Königswarter Bibliothek ist wirklich höchst interessant. Metternichs Vater Franz Georg hatte nämlich die Grafschaft Ochsenhausen in Schwaben von Kaiser Franz I. bekommen. Und diese Herrschaft war eigentlich ein säkularisiertes Benediktinerkloster. Der Kanzler selbst hat später Ochsenhausen wieder verkauft. Doch vorher brachte er diese wunderschöne und sehr reichhaltige Bibliothek nach Königswart.“

Schloss Kynžvart  (Foto: Archiv Radio Prag)
Daher sind in Schloss Kynžvart einige der ältesten Handschriften tschechischer Schlossbibliotheken zu finden oder zum Beispiel zwei Briefe des Zisterzienser-Mönchs Bernard von Clervaux aus dem 12 Jahrhundert. Etwa 160 Handschriften befinden sich in der Bibliothek und rund 360 Inkunabeln, also Frühdrucke aus der Zeit vor 1500. Vor einigen Jahren wurden diese Schätze für die Forschung zugänglich gemacht. Sie wurden digitalisiert und ins Internet gestellt. Seither erhält das Schloss Anfragen von Forschern in aller Welt. Der Metternich-Jahrestag im Juni 2009 machte Kynžvart noch bekannter, und so kamen weitere Kontakte hinzu.

„In diesem Jahr haben wir viele interessante Kontakte zu Kollegen in Wien, in Mainz, in Frankfurt und Stuttgart geknüpft. Zum Beispiel erforscht Frau Professor Schempfer aus Wien bei uns die größte Sammlung von Marmorplastiken und Marmorbüsten aus der Zeit des Wiener Kongresses. Und Kollegen aus Mainz haben im Internet entdeckt, dass altrömische archäologische Ausgrabungen aus Mainz aus dem 19. Jahrhundert in Königswart gerettet sind. Schloss Königswart hat der europäischen Kulturgeschichte also wirklich viel zu bieten“,

Schloss Kynžvart
glaubt Kastellan Říha. Die Mainzer Funde waren seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen gewesen. Nicht nur Historiker, sondern auch Kunsthistoriker kommen in Kynžvart auf ihre Rechnung. Das Schloss beherbergt zum Beispiel vier Altartafelbilder von Bernhard Strigel von Memmingen, die um 1510 entstanden. Im Metternich-Jahr 2009 wurde der Kunst- und Forschungsstandort Kynžvart zudem durch ein so genanntes Studium depositum aufgewertet. Interessenten können sich nun vor Ort in freundlichen, mit moderner Technik ausgestatteten Studienräumen in die im Schloss lagernden Schätze vertiefen.

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