Zemans Moskau-Reise spaltet politische Szene in Tschechien

Die Reise des tschechischen Präsidenten Miloš Zeman nach Moskau, wo er an den Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des Sieges der Sowjetarmee über Hitlerdeutschland teilnahm, hat die tschechische Politik gespalten. Nach Aussage von Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) sei es natürlich, dass Zeman bei dem Besuch in Moskau auch ein Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin gehabt habe. Der Vizechef der konservativen Partei Top 09, Miroslav Kalousek, hingegen ist der Meinung, dass die Tschechische Republik durch die Zeman-Reise negativ auf sich aufmerksam gemacht habe. Ihm wäre es lieber, wenn sich Tschechien auf anderen Gebieten außergewöhnlich aktiv zeige, anstatt vor einem Diktator zu buckeln, der die Souveränität der Ukraine bedrohe, sagte Kalousek der Nachrichtenagentur ČTK.

Präsident Zeman ließ insbesondere aufhorchen mit einem Interview, dass er während seines Moskau-Aufenthalts dem russischen Rundfunksender Kommersant FM gegeben hat. In dem Gespräch hat er dafür plädiert, dass die Europäische Union ihre Sanktionen gegen Russland – ausgerufen wegen der Annexion der Halbinsel Krim und der Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine durch den Kreml – bis zum Jahresende aufheben sollte. In dem Interview bezeichnete Zeman die Situation in der Ukraine als befriedigend, da „der Bürgerkrieg im Land praktisch aufgehört habe, auch wenn es teilweise noch zu kleineren lokalen Scharmützeln käme“. Die Sanktionen gegen Russland, die allen schaden und keinem nützen, sollten daher sogleich annulliert werden, wenn erwiesen sei, dass das Friedensabkommen von Minsk umgesetzt und der Krieg in der Ukraine beendet sei. Sollte die russische Armee dort hingegen eine offene Invasion beginnen, müssten die Sanktionen gegen Moskau verschärft werden, sagte der Präsident. Seine Kritiker im Land befürchten nun, dass Zeman der Tschechischen Republik damit einen Bärendienst im Innenverhältnis der EU und ihrer Mitgliedsstaaten erwiesen habe.

Autor: Lothar Martin