Premier Sobotka zögert bei Sanktionen gegen Russland – Bělobrádek will kein zweites München

Der tschechische Premier Bohuslav Sobotka hat das russische Vorgehen in der Ostukraine in einer TV-Sendung am Sonntag als Invasion bezeichnet. Der einzige Weg, der seiner Meinung nach aus der dortigen Krise führe, sei die Durchsetzung des Friedensplanes vom ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Diesbezüglich sei er jedoch enttäuscht von den Verhandlungen beim Minsker Gipfel, wo Poroschenko und der russische Präsident Wladimir Putin aufeinandertrafen. Die diplomatischen Verhandlungen haben bisher noch nicht den erwarteten Effekt gezeigt, bemerkte Sobotka im Tschechischen Fernsehen (ČT).

Obwohl Sobotka für das Scheitern der Verhandlungen die russische Seite verantwortlich macht, zögerte er beim EU-Gipfel in Brüssel, einer Ausweitung der Sanktionen gegen Russland zuzustimmen. Dafür wurde er von Vizepremier Pavel Bělobrádek sowie den tschechischen Europa-Abgeordneten kritisiert.

Er habe der Europäischen Kommission keinen Blankoscheck für Sanktionen ausstellen können, sondern ihr gegenüber erklärt, dass man das in Tschechien noch überdenken müsse, sagte der Premier in der TV-Sendung. Paradox ist indes, dass Sobotka zuvor in die EU-Debatte noch einwarf, Europa sei fähig als Einheit aufzutreten. Tschechien habe die Verhandlungen über Sanktionen aber nicht blockiert, bedeutet Sobotka.

Man wolle keinen kriegerischen Konflikt, von daher blieben nur harte Sanktionen. Denn wenn die Europäische Union nichts unternehme, werde Russland den militärischen Sieg davontragen. Man könne der Ukraine doch nicht das Gleiche antun, was der Tschechoslowakei damals aufgrund des Münchner Abkommens widerfahren sei, entgegnete Vizepremier Pavel Bělobrádek der Meinung Sobotkas. Mehrere Europa-Abgeordnete aus Tschechien äußerten sich ähnlich.

Autor: Lothar Martin