Goethe-Lieder von Václav Jan Tomášek

Václav Jan Tomášek

Zu Lebzeiten war der Komponist Václav Jan Tomášek (Wenzel Johann Tomaschek) äußerst beliebt und suchte seinesgleichen. Als Zeitgenosse Schuberts prägte er das Kunstlied in Böhmen. Später geriet sein Können mehr und mehr in Vergessenheit. Dabei hat er zum Beispiel auch Gedichte von Goethe vertont.

Kamila Mazalová  (Foto: Archiv Czech Ensemble Baroque)
Im vergangenen Jahr entstand eine Aufnahme eines Teils der Goethe-Liedermit Monika Knoblochová an Fortepiano und Cemballo sowie der Mezzosopranistin Kamila Mazalová. Insgesamt 17 Stücke von Václav Jan Tomášek sind es, dazu kommen Rezitationen, allerdings auf Tschechisch, und Zitate aus den Memoiren des Komponisten.


Václav Jan Tomášek wird 1774 in Skuteč in Ostböhmen geboren. Schon in Schulzeiten singt er im Chor, als Gymnasiast im Minoritenkloster von Jihlava / Iglau. Später studiert er dann Klavier und Musiktheorie in Prag. Schon um das Jahr 1795 ist Tomášek in der Stadt an der Moldau als Musiklehrer bekannt. Allerdings erwägt er nach Ende des Studiums, doch keine künstlerische Laufbahn einzuschlagen, sondern Rechtsanwalt zu werden. Die endgültige Entscheidung kommt dann von außen: Graf Georg Buquoy stellt ihn im Jahr 1806 auf Lebzeiten als Komponist und Musiker ein. Es war wohl eine kluge Wahl, darf man heute sagen.

Václav Jan Tomášek wird zum führenden Komponisten in Prag. In Kontakt steht er unter anderem mit Haydn und Beethoven, aber auch mit dem Dichterfürsten Goethe. 1815 beginnt Tomášek damit, Goethes Gedichte zu vertonen. Dass zeitgleich Schubert dasselbe tut, scheinen beide nicht zu wissen. 41 Gedichte bearbeitet der böhmische Komponist für Klavier und Stimme. Aber anders als der etwas jüngere Schubert hat er auch das Glück, sie Goethe sogar vorspielen und vorsingen zu können.

Johann Wolfgang von Goethe
1822 kommt es im westböhmischen Cheb / Eger zur Zusammenkunft. Goethe wohnt wie immer im Gasthof zur Goldenen Sonne. Tomášek hat zuvor viele Gerüchte über die angebliche Arroganz und die abweisende Natur des Dichters gehört – und das nimmt ihm fast den Mut, an der Tür zum Zimmer zu klopfen. Als er es dann doch tut, und dem berühmten Lyriker gegenübersteht, wird er seinen Worten nach sogar herzlich empfangen.

Am folgenden Tag darf Václav Jan Tomášek sogar in kleiner Gesellschaft seine Goethe-Lieder zum Besten geben – in Anwesenheit des Dichters natürlich. In seinen Memoiren beschreibt der Komponist nicht nur die Begegnungen mit Goethe sehr genau, sondern auch die Lieder, die er vorträgt. Darunter „Schäfers Klagelied“, „Am Flusse“ und in der Zugabe auch den „Erlkönig“.

Goethe, so schreibt Václav Jan Tomášek, habe die Vertonungen seiner Gedichte sehr gelobt – und sich hingegen schlecht geäußert über dasselbe Unterfangen Beethovens. Der Dichter bittet daher Tomášek um die Zusendung der Noten zu den Stücken, was dieser gerne auch macht.


Tomášeks Grab  (Foto: Štěpánka Budková)
Seine Erinnerungen inklusive der Eindrücke von der Begegnung mit Goethe hat Václav Jan Tomášek von 1845 bis zu seinem Tod fünf Jahre niedergeschrieben. Sein musikalisches Schaffen umfasst rund 175 Kompositionen – von Klavierstücken, über Symphonien bis zu unterschiedlichen Liedern.

Autor: Till Janzer
schlüsselwort:
abspielen