Pianist Milan Franěk: „Mein Traum ist eine internationale Klasse in Wien“

Milan Franěk (Foto: Archiv von Milan Franěk)

Der Pianist Milan Franěk stammt aus České Budějovice / Budweis. Als Klavier-Lehrer war er in den vergangenen zwanzig Jahren an mehreren Schulen und Universitäten in Europa tätig, aber auch in Asien. Im folgenden Gespräch erzählt er über seine Erfahrungen als Musiklehrer sowie von einer Jazz-CD, die er in diesem Jahr herausgegeben hat.

Milan Franěk  (Foto: Archiv von Milan Franěk)
Herr Franěk, Sie sind in vielen Bereichen tätig. Ich nenne jetzt einige: Sie geben Klavier-Unterricht, damit hängt Ihr Engagement beim Europäischen Verband der Klavier-Lehrer (EPTA) zusammen. Außerdem arbeiten Sie mit dem berühmten tschechischen Klavier-Bauer Petrof zusammen. Sie geben aber auch Konzerte und haben gerade in diesem Jahr eine CD aufgenommen und herausgegeben? Welche der genannten Tätigkeiten ist für Sie die Nummer eins, falls man überhaupt so sagen kann?

„Die Frage ist natürlich nicht leicht. Ich versuche, alles zusammen zu machen. Je nachdem, wie sich die Situation ergibt, nehme ich die jeweilige Herausforderung an und beschäftige mich mit dem Bereich, der gerade vorhanden ist.“

Ihr Weg zum Klavier war nicht ganz gradlinig. Sie haben zwar als kleines Kind mit Klavier angefangen, dann aber am Konservatorium in Pilsen und an der Musikhochschule in Prag Posaune studiert. Was geschah inzwischen mit dem Klavier?

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„Mit dem Klavier geschah nichts Besonderes, eigentlich. Ich habe immer weiter gemacht und als Korrepetitor und als Kammermusikpartner für meine Kolleginnen und Kollegen gespielt. Dann habe ich mich aber entschlossen, mich doch dem Klavier zu widmen. Bereits 1994 bin ich nach Wien übergesiedelt, dort habe ich die Aufnahmeprüfung erfolgreich abgelegt und dann mich mit dem Studium der Klavierpädagogik beschäftigt.“

Warum haben Sie gerade Österreich gewählt, was hat Sie nach Wien und später nach Graz gebracht?

„Man sagt, dass es keine Zufälle gibt, aber das war wirklich ein Zufall. Ich habe in Budweis, was meine Heimatstadt ist, eine Bratschistin eben aus Wien kennengelernt. Sie hat mir angeboten, dass wir als Duo zusammenspielen. Sie fand die Lage ganz leicht: Ich habe mich überreden lassen und bin mit ihr nach Wien gegangen. Es hat geklappt, wir haben danach wirklich als Kammermusikpartner zusammengespielt. Das war der Grund, warum Wien und warum Österreich. Und später, als ich meine Studien in Graz fortgesetzt habe, war es wegen meines Lehrers, Herrn Professor Groppenberger. Ich habe ihn in Budweis bei einer Sommermusikakademie kennengelernt. Und außerdem hatte meine Schwester bereits 1993 in Graz ein Klavier-Studium aufgenommen.“

Milan Franěk als Klavier-Lehrer  (Foto: Offizielle Facebook-Seite UST Conservatory of Music Piano Department)
Sie sagen, Sie haben Musikpädagogik studiert. Ist es auch hierzulande üblich, das Studium zu teilen: entweder Klavier als Konzertfach oder Klavier als Lehramt?

„Eigentlich nicht, in Österreich ist das Studium sehr strukturiert. Man studiert entweder ein Konzertinstrumentalfach oder Instrumental- und Gesangspädagogik. Ich habe absichtlich die Pädagogik genommen, denn ich bin ja Klavier-Lehrer und wollte als Lehrer tätig sein.“

Sie haben in der Vergangenheit Klavier nicht nur in Tschechien und in Europa unterrichtet, sondern auch in der Welt viele Erfahrungen gemacht – in Südamerika und in Asien. Kann man die Welten vergleichen? Ist der Musik-Unterricht überall der gleiche, oder gibt es Unterschiede in den Konzepten, bei den Schülern und beim Unterricht?

„Die Begabung der Studenten in Asien war ein positiver Schock für mich.“

„Es gibt natürlich verschiedene Konzepte und verschiedene Schulen, obwohl ich den Terminus ‚Schule‘ nicht besonders mag. Und natürlich, das muss man sagen, unterscheiden sich die Kulturen. Wenn man zum Beispiel in Europa aufgewachsen ist und dann für eine gewisse Zeit nach Malaysia, also nach Südostasien, übersiedelt – wie ich es gemacht habe –, dann spüret man schon den Unterschied. Malaysia ist ja ein islamischer Staat, und unsere europäische Kultur und die klassische Musik sind dort importiert worden. Ich habe zwei Jahre lang dort unterrichtet, an der Universiti Teknologi Mara in Shah Alam, ungefähr 20 Kilometer von der Hauptstadt Kuala Lumpur entfernt. Was für mich ein positiver Schock war, das war die Begabung der Studenten. Ich habe mir nie vorstellen können, dass die natürliche Begabung, die musikalische Begabung so reich und so hoch sein kann. Ich hatte zwei Studentinnen, die Klavier im Hauptfach studiert haben. Sie waren auch hier in Europa, vor zwei Jahren habe ich sie nach Salzburg geschickt, zu einem Meisterkurs bei meinem Kollegen Dominik Merlé. Sie waren sehr überrascht und haben sich dort eigentlich sehr wohl gefühlt, weil ihre musikalische Ausstattung wirklich sehr gut war. Allgemein war die Arbeit mit Studenten in Asien sehr schön. Denn Malaysia liegt sozusagen in der Mitte Südostasiens, und in zwei Stunden ist man in Bangkok oder Djakarta, in vier Stunden auf den Philippinen, in fünf Stunden in Honkong und so weiter. Diese Gelegenheit habe ich genutzt und Master-Klassen an Musikuniversitäten gegeben. Und ich muss sagen, das Niveau hat mich sehr überrascht.“

Wien  (Foto: Xell,  CC BY-SA 2.0 AT)
Nach zwei Jahren sind Sie aus Asien wieder zurück nach Europa gekehrt. Wo sind Sie im Moment tätig?

„Jetzt bin ich momentan in Wien tätig, ich bin nach zwanzig Jahren dorthin zurückgekehrt. Ich fühle mich sehr wohl in Wien. Die Stadt hat sich aber stark verändert, muss ich sagen. Es gibt viele internationalen Firmen dort, und das Klima ist anders. Es gibt viel mehr Ausländer als damals, als ich vor zwanzig Jahren dort studiert habe. Wien war schon immer international, natürlich, aber heutzutage ist es wirklich sehr spürbar. Wenn man durch die Straßen düst, begegnet man sehr vielen Menschen aus allen Ecken und Enden der Welt.“

Auch unter den Studenten?

„Natürlich auch unter den Studenten. Das spiegelt sich auch in unserem Bereich wider.“

Sie haben eine CD mit ins Rundfunkstudio gebracht, die Sie in diesem Jahr aufgenommen und beim Musikverlag Toccata Classics herausgegeben haben. Was ist auf der CD?

„Auf der CD sind die kompletten Jazz-Etüden des tschechischen Komponisten Milan Dvořák, meinem ehemaligen Kollegen vom Jaroslav-Ježek-Konservatorium in Prag. Der Anlass dafür war sein 80. Geburtstag, den er voriges Jahr am 6. Dezember gefeiert hat. Die Leiterin des Festivals ‚Smetana-Tage‘ in Pilsen hat mir die Möglichkeit angeboten, dort die kompletten Jazz-Etüden einzuspielen. Damit kristallisierte sich die Idee einer Aufnahme heraus, und so ist es dann auch gekommen.“

„Auf der CD sind die kompletten Jazz-Etüden des tschechischen Komponisten Milan Dvořák.“

Sie haben die Etüden aber sicher schon vorher gekannt…

„Das stimmt, manche ja, aber nicht alle. Die Aufnahme war auch deswegen interessant, weil ich zum ersten Mal in meinem Leben 45 Stücke in hintereinander einstudiert habe. Ich sollte das vielleicht als professioneller Musiker nicht sagen, aber manche Stücke liegen meinem Herzen näher als andere. Aber wenn man dann alle Stücke spielen muss, entdeckt man: Das ist ja gut und das auch, jenes habe ich überhaupt nicht gewusst und so weiter. Ich bin natürlich sehr glücklich, dass ich alles einstudiert habe und nun auf der CD präsentieren kann.“

„Petrof hat viel Geld in die Forschung investiert und nach sieben Jahren einen neuen Flügel präsentiert.“

Wir haben über einen Tätigkeitsbereich noch nicht gesprochen, und zwar über Ihre Zusammenarbeit mit der Firma Petrof. Das ist der weltberühmte Klavier-Bauer aus Tschechien, mit einer langen Tradition. Was konkret bedeutet diese Zusammenarbeit?

„Als ich noch in Malaysia war, vor zwei Jahren, kam ich für einen Monat zum Urlaub nach Tschechien. Bei dieser Gelegenheit wurde ich in die Petrof-Fabrik eingeladen, um einen neuen Konzert-Flügel auszuprobieren. Das war für mich eine sehr positive Überraschung. Ich habe bis dahin nicht gewusst, dass die Petrof-Fabrik viel Geld in die Forschung investiert hat und nach sieben Jahren diesen neuen Flügel präsentieren würde. Ich habe auf dem Instrument gespielt und war total begeistert. Die neue Marke heißt Ant. Petrof, weil der Firmengründer Antonín Petrof geheißen hatte. Voriges Jahr hatte ich die Möglichkeit von der Fabrik bekommen, drei Klavier-Rezitals auf diesem Instrument bei der weltberühmten Musikinstrumentenmesse in Shanghai zu spielen. Und dort wurde die Idee geboren, falls ich die Etüden aufnehmen würde, dass mir dann Petrof den neuen Flügel dafür zur Verfügung stellt. Das ist natürlich hervorragend, und ich bin sehr dankbar, dass wir diese Zusammenarbeit geknüpft haben.“

Wiener Musikakademie  (Foto: Offizielle Facebook-Seite der Wiener Musikakademie)
Herr Franěk, können Sie etwas über Ihre Zukunftspläne verraten? Haben Sie jetzt unmittelbar etwas vor, oder haben sich Ihre Träume mit der CD nun erfüllt?

„Nein, überhaupt nicht. Mein Traum ist, eine internationale Klasse in Wien zu bilden, mit Studenten aus der ganzen Welt, auch weil ich Fremdsprachen ein bisschen spreche. Zudem habe ich natürlich weitere Projekte, Kammermusik-Projekte mit meinen Kolleginnen und Kollegen in Tschechien oder auch international. Ich habe schon seit sieben Jahren keine Kammermusik gespielt. Ich glaube, jetzt ist wieder die Zeit gekommen, dass ich etwas Neues anfange.“