Klas Daublebsky - Das Abschiedsinterview

Klas Daublebsky (Foto: Autor)
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Anfang Februar wird der Österreichische Botschafter in Tschechien, Klas Daublebsky, nicht nur seine Tätigkeit in Prag, sondern auch seine langjährige Diplomatenkarriere beenden. Gerald Schubert hat ihn zum Abschiedsinterview gebeten:

 Klas Daublebsky  (Foto: Autor)
Herr Botschafter, Sie stehen nicht nur am Ende Ihrer Prager Zeit, sondern am Ende einer diplomatischen Karriere. Prag war ihre letzte Station. Was kann ein Diplomat eigentlich bewirken? Welchen Handlungsspielraum hat er?

"Das ist eine interessante Frage, die auch mich zur Selbstreflexion als Diplomat führt. Der Diplomat ist ein weisungsgebundener Beamter seiner Regierung. Er muss sich also im Rahmen der politischen Richtlinien bewegen, die von dieser Regierung vertreten werden. Andererseits existiert aber insofern ein wichtiger Gestaltungsraum, als der Diplomat die eigene Regierung, die eigenen Beamten, aufgrund seiner eigenen Beobachtungen informieren kann - und informieren soll. Denn es gibt natürlich Überlegungen innenpolitischer Natur, die aus rein österreichischer Sicht ein anderes Bild ergeben, als wenn geschildert wird, wie dasselbe Problem von der tschechischen Regierung oder der tschechischen Bevölkerung gesehen wird. Das haben wir ja teilweise in recht unangenehmer Weise erlebt - ich nenne das Schlagwort Temelín. Hier richtig zu übermitteln, was für gewisse Entscheidungsprozesse von Bedeutung ist, das erscheint mir als eine sehr wichtige Aufgabe. Und hier hat der Diplomat einen großen Gestaltungsspielraum. Denn er kann selbst festlegen, mit wem er spricht, von wem er sich informieren lässt, wie er sich sein Bild verschafft, und wie er dieses dann nach Hause verdolmetscht, so dass es dort die Wirkung hat, die eigentlich erzielt werden sollte."

Temelín haben Sie bereits angesprochen. Ein weiterer Streitpunkt sind natürlich die so genannten Benes-Dekrete, über die vor allem im Vorfeld der Erweiterung der Europäischen Union diskutiert wurde. Würden Sie diplomatische Erfolge, Höhepunkte oder Tiefpunkte ihrer Prager Zeit in einem dieser beiden Bereiche ansiedeln? Oder würden Sie da an etwas ganz anderes denken?

"Ich will die Rolle eines Diplomaten gewiss nicht überbewerten. Trotzdem glaube ich, dass ich einen kleinen Teil dazu beigetragen habe, auf beiden Seiten deutlich zu machen, was in diesen Fragen möglich ist, und was nicht - und in nicht aggressiver Form im Empfangsstaat, also in der Tschechischen Republik, die österreichischen Standpunkte, Erwartungen und Hoffnungen darzustellen. Eine Sternstunde ist aus meiner Sicht der Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union. Denn er gibt uns die Möglichkeit, in ganz neuer Weise miteinander umzugehen. Die Stellung Tschechiens in der EU, als 10-Millionen-Staat und mit mehr Abgeordneten im Europäischen Parlament als Österreich, bringt es mit sich, dass alte Vorstellungen nun einfach wegfallen. Vorstellungen wie: Die in Wien, die glauben, sie können uns etwas vorschreiben!"

Sie haben bereits gesagt, was Ihre Funktion als Diplomat ist. Aber vielleicht können Sie aus ihrer persönlichen Sicht noch ein paar Worte zur Arbeitnehmerfreizügigkeit sagen, die ja gerade zwischen Österreich und Tschechien, aber auch zwischen Deutschland und Tschechien einen doch recht heiklen Diskussionspunkt dargestellt hat.

"Es war sicher eine politische Notwendigkeit, hier - speziell auf Wunsch von Österreich und Deutschland - eine Übergangsregelung einzuführen. Beide Staaten grenzen ja an neue Mitgliedsländer. Daher gab es bei den Österreichern und den Deutschen die Befürchtung, dass sie durch Zuwanderung aus den neuen Mitgliedstaaten Arbeitsplätze verlieren könnten. Ich persönlich bin überzeugt davon, dass diese Befürchtung für Tschechien im Verhältnis zu Österreich und auch zu Deutschland unbegründet ist. Wir sehen das zum Beispiel daran, dass arbeitslose Tschechen aus Nordmähren oder Nordböhmen in keiner Weise bereit sind, in die Hauptstadt Prag umzuziehen, wo es praktisch keine Arbeitslosigkeit gibt."

Blicken wir zurück auf Ihr reiches Diplomatenleben. Es würde wohl zu sehr ins Detail gehen, Ihre gesamte Laufbahn und alle geographischen Stationen noch einmal Revue passieren zu lassen. Aber können Sie verraten, was am schönsten war, wo es am schwierigsten war, oder woran Sie sich besonders gerne erinnern?

"Vielleicht darf ich bei dieser Frage doch kurz in Prag bleiben. Ganz einfach deshalb, weil Prag eben auch mein erster Auslandsposten war. Es sind auch unsere ersten drei Kinder in Prag geboren. Das war ein sehr schönes Erlebnis für uns, das uns auch als Familie mit Prag verbindet. Aber es stimmt, ich habe viele Stationen hinter mich gebracht. Sehr spannend war es natürlich, Botschafter in Mexiko zu sein. Und zwar insbesondere deshalb, weil ich damals auch in den zentralamerikanischen Staaten mitbeglaubigt war, wo noch die Bürgerkriege in Nicaragua, El Salvador und Guatemala im Gang waren. Das war eine Region, die damals in Europa und auch in Österreich besondere Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Dort als Beobachter aktiv zu sein, war schon sehr spannend. Ansonsten verbindet mich und meine Familie mit jedem der Posten, die wir hatten, in sehr verschiedener Weise Angenehmes und vielleicht auch weniger Angenehmes. Nur ein Beispiel: Die Muttersprache meiner Mutter ist schwedisch. Es war also sehr schön, dass ich drei Jahre lang in Stockholm auf Posten sein konnte. Zu den schönsten Erlebnissen und Erinnerungen der Familie zählen dabei die Fahrten hinaus in die Schären, also in die Inselwelt, die Stockholm vorgelagert ist. Das ist im Sommer ein unglaubliches Erlebnis - wenn es nicht gerade regnet und stürmt."