Ludvík Feller: Kunst ist ein Spiel

Foto: feller.cz
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„Das Abdecken“, „Das Anhäufen“ oder “Das Kreuzen“ – so lauten die Namen einiger Kunstobjekte von Ludvík Feller, die man bei seiner bislang letzten Ausstellung in Tschechien bewundern konnte. Sie fand im Mai in der Prager Galerie DION statt. Fellers Schaffen ist in Tschechien nicht so sehr bekannt, weil der Künstler Jahre lang im Ausland lebte und wirkte. Unter anderem war er dabei an der Universität der Künste in Berlin tätig.

Ludvík Feller  (Foto: Autorin)
Heute unterrichtet Feller noch an der Fakultät für angewandte Kunst der Jan-Evangelista-Purkyně-Universität in Ústí nad Labem / Aussig. Feller setzt Kunstobjekte aus Holzstücken, Steinen oder Gras zusammen. Das Gespräch entstand während der Prager Ausstellung.

Herr Feller, Sie sprechen von einem Spiel, wenn Sie die Arbeit an ihren Kunstobjekten beschreiben. Wie entstehen die Kunstobjekte, die Sie ausstellen?

„Das Spiel steht am Anfang und wahrscheinlich auch am Ende. Vor einigen Tagen hat mich jemand danach gefragt, was für mich Kunst ist. Ich habe gesagt: Das ist ein Spiel. Und ich sagte: Das hast du richtig gesagt. Ich finde, dass zum Spiel auch Zufall und Unfall gehören. Viele Leute würden solche Sachen weg schmeißen, die ich in die Hand nehme und sage, damit muss ich etwas anfangen.“

Kann man sich diesen kreativen Prozess so vorstellen, dass Sie durch die Natur spazieren gehen oder an der Küste stehen und jetzt entdecken Sie in der Natur etwas, was Sie inspiriert?

„Ich würde es so sagen: Der Mensch, der kreativ sein will, muss vorbereitet sein. Er muss irgendein Kredo, ein Gedankenmuster hinter sich haben. Und nach diesem Muster bewertet und schätzt er die Dinge, die er in der Natur trifft, ein. Fast jeder würde an den Dingen vorbeigehen, aber bei mir klopft dieses Muster auf meine Schulter und sagt: ´Mensch, pass auf, daraus kannst du Kunst machen. Die Kunstobjekte, die hier sind, sind genau auf diese Weise entstanden. Und viel Spiel war selbstverständlich auch dabei.“

Sie wirken an der Universität in Aussig, vorher haben Sie Jahre lang in Berlin unterrichtet. Kann man die Studenten aus den verschiedenen Ländern vergleichen, was deren Beziehung zum Kunststudium anbelangt?

„Ich habe parallel in England, in Berlin und in Aussig in Tschechien unterrichtet. Den Studenten habe ich dasselbe Thema vorgelegt. Die Tschechen waren zuerst irgendwie faul, haben nichts mitgebracht und ich war verzweifelt. Die Deutschen waren fleißig und haben sich wirklich bemüht. Die Engländer haben mit mir viel darüber gesprochen. Zum Schluss waren die Deutschen nicht schlecht, aber bei den Tschechen war es wie bei einem Feuerwerk. Meine Nerven waren kaputt, aber sie haben es im letzen Moment gemeistert. Und der tschechische Witz war mit dabei.“

Mit dem kommunistischen Regime haben Sie in der Tschechoslowakei einst die schlimmsten Erfahrungen gemacht, als politischer Gefangener waren Sie auch im Arbeitslager in Jáchymov. Wann war das?

„Das war in der Zeit, als das Wüten der kommunistischen Partei am schlimmsten war. Ich habe aber das Glück gehabt, dass ich immer unter unheimlich tollen Leuten war. Mit mir waren dort Priester, Kanoniker, Hochschulprofessoren, sodass ich meine Universität so zu sagen im Knast erlebte. Ich bin später durch die Welt viel gereist und habe dann gemerkt, wie mich das alles beeinflusst hat.“

Wie war ihr Weg nach Deutschland, beziehungsweise nach Westeuropa?

„Ich wollte eigentlich nicht von Prag weg, da ich mich hier sehr wohl gefühlt habe. Während drei Jahre habe ich alle ersten Preise bei den Wettbewerben auf dem Gebiet ´Logo´ und ´Plakat´ gewonnen. Ich habe damals erkannt, dass ich Nachrichten, die mich erreichen, irgendwie kürzen kann. Denn das Logo bedeutet eine Kürzung oder Abkürzung des Inhalts. Vielleicht hatte ich eine Begabung, diese Kurzinhalte zu schaffen. Aufgrund der Preise habe ich Angebote von drei Hochschulen bekommen – aus Spanien, Deutschland und Italien. Ich habe das alles zuerst aber abgelehnt. Inzwischen bin ich Mitglied des American Institute of Graphic Arts geworden. Und dann habe ich angefangen, an der Hochschule der Künste in Berlin zu arbeiten.“

Haben Sie einen Wunsch, was Sie in der Natur noch entdecken möchten? Was möchten Sie den Besuchern Ihrer Ausstellungen noch Interessantes vermitteln?

„Wenn mich jemand heute fragt, was ich den Menschen vermitteln möchte, dann sage ich: Ich komme auf die Zeit zurück, in der der Mensch anfing, Mensch zu sein. Er bearbeitete das Holz, die kleinen Holzstücke fielen auf den Boden, und er vergaß, was er ursprünglich machen wollte und bearbeitete das Holz weiter. Dann zeigte er es der Frau, die sagte: Du bist ein Trottel. Aber er hat die Arbeit weiter gemacht. Und so ist vielleicht Kunst entstanden. Diese Momente, in denen sich der Mensch einst mit der Kunst beschäftigt hatte – damals hieß es noch nicht Kunst - die interessieren mich. Ich würde es so sagen: Der Mensch musste zuerst essen, er musste aufpassen, dass ihn nicht die Löwen fressen. Dies waren die ersten Sorgen, die er hatte. Eines Tages fing er an, sich auch mit schönen Sachen zu beschäftigen. Und das interessiert mich. Wenn Sie sich das angucken, was ich ausstelle, das sind alles einfache Geschichten. Die Leute kommen zu mir und sagen: Das ist ja so sauber und so sehr einfach. Darum geht es mir ungefähr.“