Grundstein für neue tschechisch-deutsche Begegnungsschule in Prag gelegt

Vaclav Havel und Johannes Rau bei der feierlichen Grundsteinlegung, Foto:CTK

Unser Thema heute: die tschechisch-deutsche Begegnungsschule in Prag, für deren Neubau Präsident Vaclav Havel und Bundespräsident Johannes Rau am vergangenen Mittwoch in Prag die feierliche Grundsteinlegung vorgenommen haben. Am Mikrophon begrüßt Sie dazu recht herzlich Silja Schultheis.

Vaclav Havel und Johannes Rau bei der feierlichen Grundsteinlegung,  Foto:CTK
Bis zum Schuljahresende 2000/2001 war die Deutsche Schule Prag lediglich eine deutschsprachige Auslandsschule in privater Trägerschaft und hatte weithin den Ruf einer "Expertenschule" für Kinder von Diplomaten u.a. privilegierten Ausländern, die sich beruflich in Prag aufhielten. Mit Beginn des Schuljahres 2001/2002 unternahm die Deutsche Schule einen bewussten Schritt weg von diesem Status und hin in eine andere Richtung: in die Richtung einer tschechisch-deutschen Begegnungsschule, auf der gleichsam deutsche wie tschechische Kinder unterrichtet werden.

Für Emil Zörner, Vorstandsmitglied der "Bürgervereinigung für die Gründung und Förderung der Deutschen Schule Prag", ist damit ein langjähriger Wunsch in Erfüllung gegangen:

"Davon werden sowohl die deutschen Kinder als auch die tschechischen dermaßen profitieren, von der Zweisprachigkeit, von dem gegenseitigen Kennenlernen. Also, ich war immer dafür und ich werde das auch nach wie vor unterstützen und ich hoffe, dass das zu einem Erfolg führen wird."

Seit dem 1. September 2001 ist die Deutsche Schule zudem in das tschechische Schulnetz aufgenommen und damit die finanzielle Unterstützung für die neuen Schüler seitens des tschechischen Staates gesichert. Gegenwärtig befindet sich die Schule noch im Gebäude der ehemaligen DDR-Botschaftsschule im Bezirk Repy. Doch angesichts der Ausweitung bis zur Abiturstufe und hinsichtlich der Neuorientierung in Richtung Begegnungsschule stellt sich bereits seit einigen Jahren die Raumfrage immer drängender. Emil Zörner:

"Das Ziel ist tatsächlich, dass im übernächsten Schuljahr, also ab September 2003, die Kinder bereits in diesem neuen Gebäude unterrichtet werden. Es ist unser Maximalziel. Ich würde nicht unbedingt sehr viel Geld darauf wetten, aber wir bemühen uns mit allen Kräften, dieses Ziel zu erreichen."

Konzipiert ist die Schule, an der gegenwärtig 292 Schüler von Klasse 1 bis 13 unterrichtet werden und seit 1997 insgesamt sechs Jahrgänge das Abitur abgelegt haben, als achtjähriges Gymnasium. Es soll den Schülern sowohl den Zugang zu den Aufnahmeprüfungen der tschechischen Hochschulen wie auch die allgemeine deutsche Hochschulreife sichern. Nicht zuletzt unter diesem Aspekt begrüßt Pavel Cink aus dem tschechischen Schulministerium die Neuorientierung der Deutschen Schule Prag:

"Wir sind der Meinung, diese Öffnung gegenüber dem tschechischen Schulpublikum ist eine gute und begrüßen sie. Ich bin überzeugt, dass die tschechischen Schüler, die ihren Abschluss hier machen, dann ein recht gutes Fundament für ihre weitere professionelle Karriere gelegt haben. Es gab übrigens Anzeichen zu einer ähnlichen Öffnung auch in der französischen Schule Prag, von der österreichischen ganz zu schweigen."

Was bedeutet es nun konkret, eine Begegnungsschule zu sein, wie schlägt sich dies in der Unterrichtspraxis nieder? Hier gibt es eine entscheidende Veränderung: Ab der 6. Jahrgangsstufe werden allmählich tschechische und deutsche Schüler in bestimmten Fächern - zunächst in Kunsterziehung, Musik und Sport - gemeinsam unterrichtet. Die Zahl dieser integrierten Fächer wird bis zur Oberstufe phasenweise erhöht. Die Unterrichtssprache ist dabei Deutsch, die Integration erfolgt also in das deutschsprachige Umfeld. Gleichzeitig wird jedoch von den deutschen Schülern erwartet, dass sie sich intensiver als bisher auf die Sprache und Kultur des Gastlandes einlassen. Für den tschechischen Präsidenten Vaclav Havel, der gemeinsam mit seinem deutschen Amtskollegen Johannes Rau vergangenen Mittwoch den symbolischen ersten Spatenstich für den Neubau tat, ist die Schule im Kleinen das, was er sich für die tschechisch-deutschen Beziehungen im Großen wünscht:

"Ich glaube sicher, dass diese Schule, auch wenn sie vielleicht hinsichtlich ihrer Schülerzahl nicht groß ist im Vergleich zur Größe unserer Völker, dass sie dennoch einmal eine Art Kristallisationskern der guten Beziehungen zwischen unseren Gesellschaften, unseren Völkern, unseren Staaten werden kann und werden wird," sagte Havel und fügte hinzu:

"Meine Lebenserfahrung sagt mir, dass alle großen und wichtigen Dinge am Anfang nicht so groß und nicht so offenkundig hochwichtig waren."

Und auch Pavel Cink aus dem tschechischen Schulministerium, den wir abschließend noch einmal zu Wort kommen lassen wollen, hob die Signalfunktion des Neubaus hervor, indem er sie vor dem Hintergrund der jüngsten Spannungen im tschechisch-deutschen Verhältnis betrachtete:

"Die guten deutsch-tschechischen Beziehungen der letzten Jahre sind jetzt zur Geisel der Wahlen in beiden Ländern geworden. Das ist ein wichtiges Zeichen, ein wichtiges Signal, und ich bin überzeugt, es bleibt nicht nur bei dieser einen Schule, diesem einen Projekt. Das ist nur der Anfang einer besseren Zeit wieder."