Allzu viele Fischer verderben den Fang - Sport- und Freizeitfischen in Tschechien

Das Hobbyfischen ist schon seit Generationen eine beliebte Freizeitbeschäftigung vieler Tschechen. Die Popularität bleibt unverändert hoch, doch die Philosophie und der Stil der Freizeitfischer ändern sich. Der Fang landet heute oft nicht mehr auf dem Speiseteller, sondern wandert wieder zurück ins kühle Nass. An den Ufern der tschechischen Angelreviere trifft man aber nicht nur einheimische, sondern auch ausländische Freizeitfischer an.

„Am Wasser kann ich mich entspannen. Ich finde es einfach schön, Fische fangen zu gehen. Meine Mutter und mein Bruder haben früher zusammen geangelt. Das hat mir gefallen, also habe ich mir den Schein besorgt, und jetzt angle ich auch selbst.“

Dieser Freizeitfischer aus dem nordböhmischen Trutnov / Trautenau ist gerade einmal dreizehn Jahre alt. Und er ist nicht der einzige in seiner Altersklasse.

„Ich habe viele Freunde, die auch Angeln gehen. Einige habe ich auf den Geschmack gebracht, als sie mir dabei zugesehen haben.“

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Einen Bruch zwischen den Generationen scheint es beim Sportfischen in Tschechien also nicht zu geben. Es wird von Menschen jeden Alters gepflegt, wenn auch auf unterschiedliche Art und aus variablen Gründen:

„Ich bin so ein Sonntagsfischer. Ich gehe nur zwei, drei Mal im Jahr angeln, und das seit rund 15 bis 20 Jahren. Wissen Sie, manchmal hat man einfach das Bedürfnis, von zu Hause fort zu kommen, um sich zu beruhigen. Ich angle ganz bestimmt nicht, weil ich um jeden Preis einen Fisch fangen will, sondern um Frieden zu finden. Früher nahm ich den Enkelsohn zum Fischen mit, und jetzt gehe ich mit den Enkeltöchtern an den Fluss. Die machen zu Hause Ärger, und so schickt man sie mit mir zum Fluss, damit ich auf sie aufpasse.“

Jeder dreißigste Tscheche ist im Durchschnitt ein Fischer. Die beiden Dachverbände – der Tschechische und der Mährische Anglerverband – haben rund 350.000 Mitglieder. In den letzten zwei Jahrzehnten ist die Zahl der Hobbyangler gewachsen. Grundlegend gewandelt habe sich jedoch vor allem ihre Philosophie, findet Branislav Ličko vom Tschechischen Anglerverband:

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„Vor 1989 haben die Sportfischer vor allem geangelt, um ihren Speiseplan aufzubessern. Heute geht der Trend dahin, dass viele Angler – besonders jüngere – vor allem zum Vergnügen angeln. Sie lassen die gefangenen Fische wieder los.“

Ein viel diskutiertes Thema sind daher Anglerreviere, wo nach der Regel „Fangen und Freilassen“ gefischt wird. Was die Angler heute außerdem noch gerne hätten, sind längere Angelzeiten. Branislav Ličko:

„Auch das Fischen rund um die Uhr wird heiß diskutiert. Die Angler zeigen großes Interesse für Nonstop-Reviere. Dafür braucht man aber eine Sondergenehmigung vom Landwirtschaftsministerium. Eine solche Ausnahme hat unser Verband in den letzten Jahren bei einigen Revieren durchgesetzt, zum Beispiel am Stausee Orlík.“

Die Talsperre Orlík liegt rund 70 Kilometer südlich von Prag. Hier wurde in den 1950er Jahren die Moldau aufgestaut und so entstand der zweitgrößte Stausee in Tschechien. Zu fangen gibt es am Orlík vor allem Raubfische, wie zum Beispiel Wels, Zander, Hecht und Rapfen. Doch auch Friedfische leben in dem Stausee, meist sind es Brassen und Karpfen.

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Der Karpfen landet aber nicht nur an der viel besuchten Talsperre Orlík, sondern auch landesweit am häufigsten in den Eimern der Freizeitfischer. 80 Prozent aller Fische, die in Tschechien gefangen werden, sind Karpfen. Von den rund 2300 Angelrevieren in Tschechien sind über 1700 Fried- und Raubfischreviere, in mehr als 500 Angelrevieren kann man Forellen fangen.

An den tschechischen Flüssen und Seen werfen nicht nur einheimische Hobbyangler die Rute aus. Auch aus anderen Ländern fahren Freizeitfischer hierher, oft sind es Deutsche und Österreicher. Sie müssen einen Fischereiausweis erwerben, der ihre Qualifikation als Angler bescheinigt, danach können sie Gewässerscheine für konkrete Reviere kaufen. Beim Gros der österreichischen und deutsche Freizeitfischer spielten sicher die niederen Gebühren eine Rolle, meint Branislav Ličko vom Tschechischen Anglerverband, aber auch die Fischpopulation der tschechischen Gewässer.

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Die Bestände vieler Fischarten wachsen nämlich in der letzten Zeit. Das hängt mit der Verbesserung der Wasserqualität zusammen. Die Flüsse und Seen sind dank einer effizienteren Abwasserreinigung wesentlich sauberer geworden, die Lebensbedingungen für die Fische besser. Fische werden ausgesetzt – doch das geschieht vielfach unfachmännisch. Eine unkontrollierte Aufstockung der Fischpopulationen stört aber das ökologische Gleichgewicht, warnt Petr Stýblo, der Leiter des Tschechischen Naturschutzverbandes:

„Ein großes Problem ist, dass in unseren Gewässern Fischarten ausgesetzt werden, die hier ursprünglich nicht zu Hause sind. Aus dem Ausland werden zahlreiche Fischarten eingeschleppt, die nicht hierher gehören. Diese Fischarten können sich auf die heimische Fischpopulation negativ auswirken. Die fremden Fischarten können manche schwächeren einheimischen Arten verdrängen. Es tauchen ganz exotische Fischarten auf, asiatische, amerikanische und afrikanische. Und es fehlt jegliche Kontrolle über ihren Einfluss auf die heimischen Fischbestände.“

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Petr Stýblo sieht ein Problem darin, dass die Sportfischer immer mehr werden. Damit gehe eine Kommerzialisierung des Freizeitfischens einher, diese führe zu bedenklichen Praktiken. Stark gefährdet sei beispielsweise der Aal, findet auch Miroslav Merten, der Direktor der Fischereifachschule im südböhmischen Vodňany:

„Der Aal verschwindet aus unseren Gewässern. Seine Lebensbedingungen verschlechtern sich. Das Hauptproblem besteht darin, dass die Aalbrut – also die Glasaale – in einem künstlichen Milieu gezüchtet werden. Noch bevor sie reifen, werden sie dann auf den Markt gebracht. Dabei könnten sie an den Oberläufen unserer Flüsse heranreifen und dann in die Meere zurückkehren, um sich fortzupflanzen.“

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Doch nicht nur bei der künstlichen Aufstockung der Fischbestände, sondern auch beim Angeln selbst gerate der Einklang mit der Natur aus dem Blick, findet Naturschützer Petr Stýblo:

„Viele Angler werfen ihre Köder aus und bringen supermoderne Signalvorrichtungen an den Ruten an. Dann schlüpfen sie ins Zelt, schlafen und warten, bis es piepst. Das hat nur mehr sehr wenig mit einem wirklichen Naturerlebnis zu tun.“

Früher sei das anders gewesen, da hätten die Angler die Gesetzmäßigkeiten der Natur kennen und respektieren müssen, damit ein Fisch anbiss. Erfolg haben sie dennoch, die Hobbyangler, und zwar auch die kleinsten - so wie unser eingangs zitierter Juniorfischer:

„Bei mir beißt oft einer an. Meistens fange ich sogar eine ganze Menge Fische. Und manchmal, wenn ich Lust habe, nehme ich einen mit nach Hause, für den Kochtopf.“