Zartrosa Albtraum: Die Steuererklärung

Foto: ČTK

Sie ist der Schrecken vieler tschechischer Bürger: Die jährliche Steuererklärung. Am 31. März ist es wieder so weit: Die Unterlagen müssen zum zuständigen Finanzamt geschickt werden. Sonst drohen saftige Strafen. So sicher wie die Tatsache, dass die Moldau durch Prag fließt ist, dass sich auch dieses Jahr wieder lange Schlangen auf den Postämtern bilden werden. Bis Mitternacht haben Spätentschlossene die Chance, den begehrten Poststempel 31.März zu bekommen. Es ist so eine Art Volkssport in Tschechien, derartige Dinge bis zum letzten, nein bis zum wirklich allerletzten Moment aufzuschieben.

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Doch zur Ehrenrettung der Tschechinnen und Tschechen muss man sagen, dass es einem die tschechische Finanzverwaltung nicht eben leicht macht. Mehrere Seiten stark ist das Einkommenssteuerformular. Hat man Nebeneinkünfte oder Wertpapiere, wächst das Konvolut um weitere Seiten an. Bereits auf dem ersten Anhang ist man so bei Feld Nummer 122 angelangt. Tschechien rühmt sich zwar, eine so genannte „Flat Tax“ zu haben: Alle Arbeitnehmer zahlen – ganz unabhängig von ihrem Einkommen – 15 Prozent Steuer. Diese viel gepriesene und von Politikern in den Nachbarländern oft zur Nachahmung empfohlene Vereinfachung wird aber durch zahlreiche Ausnahmen zu Nichte gemacht.

Dabei wäre alleine schon die Farbe des Papiers dazu geeignet, heftige Kopfschmerzen hervor zu rufen: Die Formulare präsentieren sich nämlich in einem unmöglichen Rosa-Ton. Abhilfe schaffen kann das Internet: Dort kann man die Papiere nämlich in neutralem Schwarzweiß herunterladen. Doch wer versucht, die Formulare auch gleich auf dem Computer auszufüllen, wird Schiffbruch erleiden. Bleiben also nur die spitze Feder und der Taschenrechner. Dabei rühmt sich Tschechien nur zu gerne seiner Vorreiter-Rolle in Sachen „E-Governement“. Nicht ganz zu Unrecht: In vielen Bereichen funktioniert dieser elektronische Behördengang mittlerweile sehr gut.

Doch die Internet-Seiten der tschechischen Steuerverwaltung könnten als Lehrbeispiel dafür dienen, wie man eine Behördenhomepage NICHT gestaltet: In viel zu kleiner Schrift drängen sich Zahlen, Paragrafen und Vorschriften aneinander. Mitten in dieser willkürlichen Ansammlung von Informationen und Vorschriften verspricht der Button „Elektronische Steuererklärung“ Hoffnung. Doch der Klick darauf liefert nur eines: Eine Fehlermeldung. Man möge bitte ein anderes Programm zum Einstieg in das Internet benützen. Gesagt, getan. Resultat: „Die von Ihnen aufgerufenen Seite ist fehlerhaft oder existiert nicht. Wenden Sie sich an den Administrator“.

Abgesehen von diesen technischen Problemen – die wohl nur vorüber gehender Natur sind – erschwert noch ein weiterer Umstand die Steuererklärung im Netz: Um sich zu identifizieren, benötigt man nämlich ein elektronische Zertifikat. Zu bekommen auf der Post und bei einigen privaten Anbietern. Natürlich gegen Bares. Und zwar jedes Jahr aufs Neue. Den Preis zweier Mittagessen bezahlen, um der tschechischen Steuerverwaltung die Arbeit zu erleichtern? Mit Sicherheit nicht! Dann doch lieber ganz altmodisch mit Stift und Rechner und ab zur Post. Die dankt es der Finanzverwaltung ganz bestimmt. Genauso, wie die tschechischen Steuerberater. Ein Schelm, wer dabei an Absicht glaubt.