Der Präsident spricht zu den Tieren des Waldes

Das kiffende Eichhörnchen - veverka Huli (Foto: Reflex 40/05)
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Ein Dankesbrief ist eine nette Sache - gerade in einer Zeit, in der immer öfter die Klage zu hören ist, dass die alten Umgangsformen verloren gehen. Und doch heißt es zuweilen aufpassen, wofür und bei wem man sich da eigentlich bedankt.

In Tschechien löste im Sommer ein Dankschreiben von Präsident Vaclav Klaus wenn schon nicht in der breiten Öffentlichkeit, so doch wenigstens bei politischen Beobachtern ungläubiges Entsetzen aus. Der bekannt europakritische Präsident hatte sich über seinen Kanzleichef Ladislav Jakl in warmem Ton für ein Unterstützungsschreiben bedankt - und zwar bei der ultranationalistischen Nationalpartei (Narodni strana), einer extremistischen Splittergruppe, mit der sich ansonsten im ganzen Land kein seriöser Politiker in Verbindung bringen lassen würde. Politologen sprachen von einem beispiellosen Fall, von etwas, das sich, so wörtlich, "in einer normalen Demokratie überhaupt nicht ereignen könne." Zeit für eine Entschuldigung? Mitnichten. Es habe sich um ein höfliches Schreiben gehandelt, das er höflich beantwortet habe, erklärte Kanzleichef Jakl. Und das würde er, so Jakl weiter, gegebenenfalls sogar gegenüber den Sozialdemokraten tun. Ist so viel demonstrative Offenheit gegenüber den Randgruppen der Gesellschaft nicht am Ende vorgeschoben? Das fragte sich auch der bekannte Publizist Jiri X. Dolezal vom Nachrichtenmagazin Reflex und verfasste ebenfalls einen Brief an Präsident Klaus - auf offiziellem Briefpapier und als Sprecher des von ihm erfundenen kiffenden Eichhörnchens, zu Tschechisch Veverka Huli, das damit erst- und wohl auch letztmals den Boden des politischen Lebens in Tschechien betrat. Als Eichhörnchensprecher verurteilte Dolezal nicht nur die eurobürokratischen Normierungen der Haselnüsse, sondern vor allem die massive Einwanderung der grauen Eichhörnchen aus den alten EU-Mitgliedsstaaten, die das tschechische rote Eichhorn in Kultur und Lebensraum bedrohten. Das Schreiben endete mit einem Lob auf die eurorealistische Standhaftigkeit des Präsidenten - eine nur leicht verschobene Parodie auf den Brief der Nationalpartei, von der Autor Dolezal nicht ganz unbegründet vermutete, dass sie in einem präsidialen Mülleimer enden wird.

Doch Kanzleichef Jakl hielt Wort. Schließlich hatte es sich um ein höfliches Schreiben gehandelt, und das nicht einmal von Seiten der Sozialdemokratie, sondern nur von dem Sprecher eines kiffenden Eichhörnchens. Dem Jakl für die freundlichen Worte dankte und dabei seine Freude zum Ausdruck brachte, dass neben zahlreichen Bürgern nun auch ein Eichhörnchen die Haltung des Präsidenten unterstütze. Umgekehrt gelte das allerdings nicht ganz, stellte Jakl klar: Präsident Klaus habe an der Ideologie des Multikulturalismus Kritik geübt, sich aber dabei nie gegen die Freizügigkeit von Bürgern und Eichhörnchen in Europa ausgesprochen. Die präsidale Haltung zu EU-genormten Haselnüssen führte Jakl nicht näher aus.

Das Fazit: Präsident Klaus kommuniziert mit Waldtieren, Kanzleichef Jakl hält Wort und liefert einen hübschen Scherz ab. Bleibt nur zu hoffen, dass das Dankschreiben an die rechten Extremisten auch nur als Witz gemeint war.