Der „eingelegte Hermelin“ – Kulinarischer Hochgenuss aus der Kneipe

Sie ist üppig und fett! So lautet ein weit verbreitetes Klischee über die tschechische Küche. Wie viele Klischees kommt es nicht von ungefähr: Ja! Die tschechische Küche ist fett.

Man denke nur an den moravský vrabec, den mährischen Spatz: undefinierbare Fleischstücke – angeblich stammen sie vom Schwein, nie und nimmer aber vom Spatz – die in einem Meer aus heißem Fett ertrinken. Dazu gibt es mehr oder weniger gelungene böhmische Knödel, die die kostbare Flüssigkeit aufsaugen, und im Mund zu einer öligen Matsche werden. Dazu empfiehlt sich ein Bier. Danach empfiehlt sich mindestens ein Schnaps. Mährischer Spatz: ein tschechischer Klassiker!

Eingelegter Hermelin-Käse | Foto: Štěpánka Budková,  Radio Prague International
Weniger klassisch, aber wesentlich bekömmlicher ist ein anderes Gericht, das in einer Pfütze Öl serviert wird: nakládaný hermelín, der eingelegte Hermelin. Es handelt sich dabei aber nicht um das marderartige Raubtier, mit dessen Fell sich ehemals Kaiser und Könige schmückten. In Tschechien ist das Hermelin vor allem ein der, nämlich ein Weichkäse, dem französischen Camembert nicht unähnlich. Seine in Öl eingelegte Form hat es sogar schon auf die offiziellen Internetseiten der Tschechischen Republik geschafft. Rubrik: Kulturerbe. Denn der eingelegte Hermelin ist ein typisch tschechisches Kneipenessen, eine hervorragende Grundlage für ein, zwei oder 13 Bier.

Auf dem Pflichtprogramm eines jeden, der mich in Prag besuchen kommt, steht daher ein Programmpunkt noch vor einem Spaziergang über die Karlsbrücke: ein Kneipenbesuch und ein eingelegter Hermelin. Bisher waren alle davon so begeistert, dass ich mir ernsthaft Gedanken über ein zweites finanzielles Standbein gemacht habe: den Export von eingelegtem Hermelin nach Deutschland, wo die kulinarische Spezialität sträflicherweise völlig unbekannt ist. In Ermangelung eines ausgefeilten Geschäftskonzeptes und der entsprechenden Kontakte, bleibe ich aber lieber Vollzeit-Rundfunkredakteur, zumal man den Hermelin auch zu Hause ohne großen Aufwand zubereiten kann. Das Geschmackserlebnis will ich Ihnen daher nicht vorenthalten. Hier ein Rezept, das sich bereits in der Praxis bewährt hat.

Nehmen Sie die gewünschte Anzahl Hermeline aus dem Supermarktregal, zur Not geht auch Camembert. Schneiden Sie sie längs in zwei Hälften, bestreichen Sie die Hälften mit Knoblauch, würzen Sie ein wenig mit gemahlener Paprika, legen Sie eine Scheibe Zwiebel darauf und klappen Sie den Käse wieder zusammen. Außerdem brauchen Sie ein paar Pfefferkörner, ein paar Wacholderbeeren, ein Lorbeerblatt und wenn Sie wollen ein paar Peperoni. Legen Sie die Zutaten in ein verschließbares Gefäß, gießen Sie Öl darauf bis der Käse vollständig bedeckt ist und lassen Sie alles vier Tage an einem kühlen Ort gut durchziehen. Servieren Sie dann Ihren eingelegten Hermelin mit ein paar Scheiben Brot und lassen Sie sich ein gutes Bier dazu schmecken.

Guten Appetit!