Nachrichten Sonntag, 07. November, 1999

Tschechischer Regierungschef forderte engere Zusammenarbeit Mitteleuropas

Der tschechische Regierungschef Milos Zeman forderte auf dem Gipfel der sog. Mitteleuoropäischen Initiative - der anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens am Freitag in Prag begonnen hat - eine Vertiefung der Zusammenarbeit der mitteleuropäischen Ländern auf allen Gebieten. Zwischen den Völkern Europas dürften nie mehr Mauern errichtet werden - erklärte Zeman - und verwies auf Kennedys historisches Bekenntnis "Ich bin ein Berliner", der damit den Mauerbau von 1961 und die Zweiteilung Europas kritisiert hatte.

Mitteleuropäische Initiative

Mit einer Serie von bilateralen Verhandlungsgesprächen begann am Samstag in Prag der zweite Tag des Gipfels der Mitteleuropäischen Initiative - einer lockeren Vereinigung von 16 mitteleuoräischen, vor allem postkommunistischen Staaten. Auf dem Gipfel sind vor allem die Regierungs- und Diplomatenchefs vertreten - die an diesem Wochenende ein Abschlussdokument zu Fragen der aktuellen internationalen Situation und der weiteren Zusammenarbeit sowie den Perspektiven der Mitteleuropäischen Initiative für die kommenden zwei Jahre verabschieden sollen. Die Tschechische Republik hat in diesem Jahr den Vorsitz.

Problematische tschechisch-österreichische Vergangenheit aufarbeiten

Die gemeinsame Aufarbeitung der problematischen Vergangenheit würde sowohl den Beziehungen zwischen Tschechien und Österreich als auch dem angestrebten EU-Beitritt Tschechiens gut tun. Darauf einigten sich der tschechische Aussenminister Jan Kavan und sein österreichischer Amtskollege Wolgang Schüssel im Rahmen des Gipfels der Mitteleuropäischen Initiative. Der Problematik der Benes-Nachkriegsdekrete, auf deren Grundlage Millionen Deutscher und Österreicher ausgesiedelt und enteignet worden waren, sollten sich auch die zuständigen Parlamentsausschüsse auf beiden Seiten annehmen - hiess es weiter. Die umstrittenen Dekrete waren neben der Problematik der Atomenergie die Hauptthemen der Gespräche am Samstag. Der tschechische Aussenminister betonte jedoch, dass der EU-Beitritt Tschechiens nicht gefährdet sei und verwies darauf, dass die am Samstag geführten Gespräche keine grossen Verzögerungen seines Landes bei den Beitrittsvorbereitungen nachgewiesen hätten.

Roma protestieren gegen Mauer in Usti n.L.

Die Protestaktion von Roma-Organisationen gegen die Mauer in einer Strasse der nordböhischen Stadt Usti nad Labem wird seit Donnerstag nacht fortgesetzt. Für das Wochenende werden weitere Symphatisanten erwartet. Bisher ist es zu keinen Zwischenfällen gekommen. Die Roma-Aktivisten wollen den Abriss der Mauer erreichen, die nichtzahlenden Mieter - zumeist Roma - von dem anderen Strassenteil trennt. Die Mauer war gegen den Protest des Parlaments und der EU auf Beschluss der Stadtbehörden gebaut worden. Die öffentliche Meinung geht in der Beurteilung des Falls auseinander. Die einen sprechen von einem rassistisch motivierten, die anderen von einem sozialen Problem. Viele bedauern, dass der Fall politisch instrumentalisiert wurde. Verheugen besucht Prag

Der für die Erweiterung der Europäischen Union zuständige Kommissar Günther Verheugen will kommende Woche nach Prag kommen und mit offiziellen Vertretern sowie Vertretern der Roma-Organisationen Gespräche führen. Gegenstand des Besuches ist zum einen der im Oktober veröffentlichte Bericht der EU-Kommission zum Stand der Vorbereitungen der Kandidaten, zum anderen aber auch die Situation der Roma-Minderheit in Tschechien. Verheugen hatte sich mehrmals kritisch über die Mauer in Usti geäussert und sie als Menschenrechtsverletzung angeprangert.

Staatspräsident Havel verurteilt russische Kaukasuspolitik

Der tschechische Staatspräsident Vaclav Havel erklärte in Bezug auf das Eingreifen russischer Einheiten in Tschetschenien für das deutsche Politikjournal Der Spiegel, dass für den Terrorismus im Kaukasus vor allem der Druck, den die russische Seite ausübe, verantwortlich sei. Russland - so Havel - führe sich den Kaukasus-Völkern gegenüber arrogant auf und geben damit den Anlass für die fundamentalistischen und terroristischen Erscheinungen in der Region .

Sozialdemokraten fordern Ministerwechsel

Das Parteigremium der regierenden Sozialdemokraten forderte den Rücktritt von drei weiteren Ministern aus dem Kabinett Zeman. Dies erklärte der sozialdemokratische Senator Zdenek Vojir gegenüber der Tageszeitung Mlada Fronta von Samstag. Konkrete Namen wollte er nicht nennen mit dem Verweis, dass die Personalkompetenzen bei Regierungschef Milos Zeman liegen. Ein Personalwechsel komme erst dann in Frage, wenn man gleichwertige oder qualifiziertere Alternativen zur Verfügung hätte. In diesem Zusammenhang sei eine ganze Reihe von Namen genannt worden, erklärte Vojir.

Kabinett über Atommeiler Temelin

Das Kabientt wird sich zu Beginn nächster Woche mit dem Material des Industrie- und Handelsministers bezüglich der Fertigstellung des südböhmischen Atommeilers Temelin befassen. Dem zufolge erfolgen die Bauarbeiten termingerecht. Der Terim für die Inbetriebnahme des ersten Abschnitts ist für Ausgust 2000 angesetzt. Der Bau wird vor allem von österreichishce Seite kritisiert, die bisher erfolglos forderte, die Temelin-Frage mit den EU-Beitrittsverhandlungen zu koppeln.

Das waren die Nachrichten. Gute Unterhaltung nun mit dem Regionaljournal und dem Spaziergang durch Prag!