Nachrichten Mittwoch, 12. Januar, 2000

REAKTION DES JUSTIZMINISTERIUMS

Wie der Sprecher des Justizministeriums, Vladimir Voracek, am Dienstag informierte, wird die Lage in Haftanstalten in Zusammenarbeit des Gefängnisdienstes mit Staatsanwälten gelöst. Das Ministerium verfolge aufmerksam das Geschehen in den Haftanstalten, werde jedoch noch nicht aktiv eingreifen, weil das Gesetz vor allem Staatsanwälte mit der Lösung der Probleme im Gefängniswesen beauftragt, führte Voracek an. Der Justizminister Otakar Motejl erwägt aber die Ernennung einer unabhängigen Kommission, die die Lage und Forderungen der Häftlinge untersuchen soll.

RESIGNATION DER TSCHECHISCHEN BOTSCHAFTERS IN MOSKAU

Der Botschafter der Tschechischen Republik in Moskau, Lubos Dobrovsky, will von seinem Posten zurücktreten. Grund dafür seien Unstimmigkeiten mit dem Außenministerium in Prag. Dobrovsky kritisiert vor allem die Zusammenarbeit des auswärtigen Amtes mit dem Industrie- und Handelsministerium bei der Sicherung der Außenhandelspolitik. In einer Presseerklärung betonte er, dass sein Schritt keinen politischen Hintergrund habe.

Das Aussenministerium schätzt die Arbeit des tschechischen Diplomaten in Russland hoch ein. Man müsse jedoch die Resignation zur Kenntniss nehmen, reagierte auf Dobrovskys Erklärung der Sprecher des Ministeriums, Ales Pospisil. Über Dobrovskys Resignation wurde auch Präsident Vaclav Havel informiert. Er äußerte sein Bedauern, dass es nicht gelungen sei, eine Lösung zu finden, die das Verbleiben des Botschafters in seiner Funktion ermöglichte.

CSSD IST BESITZER DER VOLKSHAUSES IN PRAG

Die Tschechische Sozialdemokratische Partei CSSD ist der rechtsmässige Besitzer des sog. Volkshauses, des Hauptsitzes der Partei im Zentrum von Prag. Darüber entschied am Dienstag der Senat des Verfassungsgerichts der Tschechischen Republik. Die sozialdemokratische Partei ist der einzige Aktionär der Gesellschaft Cil, die das Volkshaus besitzt, erklärte der Senatsvorsitzende des Verfassungsgerichtes, Vlastimil Sevcik. Gerade die Gesellschaft Cil hatte sich an das Gericht gewandt; Kern des Streites stellten vor allem Zweifel an der Rechtskontinuität der heutigen sozialdemokratischen Partei mit ihrem Vorgänger dar, der den Prager Parteisitz errichtet hatte. Das Gericht war ebenfalls der Ansicht, dass die CSSD durch die Fusion mit der kommunistischen Partei 1948 nicht aufgelöst wurde, sondern ihre Tätigkeit im Auslandsexil fortgesetzt hat.

PERUANISCHER AUSSENMINISTER IN PRAG

Der erste ausländische Außenminister, der im neuen Jahr zu einem offiziellen Besuch in Prag eingetroffen ist, ist Fernando de Trazegnies aus Peru. Der tschechische Außenminister Jan Kavan informierte seinen Amtskollegen während ihres Treffens am Dienstag über das Interesse einiger tschechischer Firmen, sich an der Entwicklung des peruanischen Stadt- und Eisenbahnverkehrs zu beteiligen und u.a. im Bereich der Bewässerungsanlagen zusammenzuarbeiten. Gesprochen wurde des weiteren über die Möglichkeiten des Exports von tschechischen LKWs Tatra für die peruanische Armee. Beide Minister einigten sich darauf, dass es Reserven im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit gebe und äußerten ihr Interesse an der Intensivierung der Kooperation. In politischen Fragen gebe es keine Probleme, erklärten sie weiter vor Medien.

KONKRETISIERUNG DER FORDERUNGEN DER ODS

Das politische Gremium der Demokratischen Bürgerpartei ODS hat die Parteiführung beauftragt, bis Mittwoch die sechs Vorschläge zu konkretisieren, die sie Ende der vergangenen Woche beim Ausgleichsverfahren mit den Sozialdemokraten vorgelegt hat. Dies erklärte am Dienstag ODS-Parteichef Vaclav Klaus vor Journalisten. Er bezeichnete die Forderungen der ODS als komplexer und eindeutiger, als die der Sozialdemokraten. Die zweite Runde des Ausgleichsverfahrens wird an diesem Freitag stattfinden.

DRITTE VERSION DES HAUSHALTSENTWURFS

Das tschechische Abgeordnetenhaus hat am Montag die dritte Version des Regierungsentwurfs für den Staatshaushalt 2000 erhalten. Der Haushaltsentwurf, der auf der Januarsitzung der unteren Parlamentskammer in erster Lesung behandelt werden soll, sieht Einnahmen in Höhe von 592 Milliarden Kronen und Ausgaben in Höhe von 627 Milliarden Kronen vor. Das Defizit macht somit 35 Milliarden Kronen aus. Das Kabinett respektierte in seinem bereits dritten Entwurf die meisten Forderungen des Abgeordnetenhauses.

NEUE POLITISCHE PARTEI

Aus der Studenten-Initiative "Danke, Ihr könnt gehen!" - die im November den Rücktritt tschechischer Spitzenpolitiker gefordert hatte, soll eine registrierte Partei entstehen, die am Freitag ihre politische Arbeit aufnehmen will. Auf die Gründung einer Partei einigte sich am letzten Sonntag ein Teil der Signatare der erwähnten Petition. Der erste republikweite Parteitag wird am Freitag im ostböhmischen Pardubice stattfinden und soll die Prinzipien für die Parteisatzungen und das politische Programm formulieren.

AUFHEBUNG DER VISAPFLICHT IN KANADA

Kanada könnte wahrscheinlich schon Ende Januar die Visapflicht für tschechische Bürger neu bewerten. Diese wurde vor zwei Jahren wegen eines starken Zustromes tschechischer Roma wieder eingeführt. Dies geht aus Informationen des tschechischen Botschafters in Kanada, Vladimir Kotzy, hervor, der am Montag von der Senatsvorsitzenden Libuse Benesova emfpangen wurde.

VERFAHREN GEGEN KRIEGSVERBRECHER MALLOTH

Die tschechische Staatsanwaltschaft hält die Eröffnung eines Verfahrens gegen den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Anton Malloth in Deutschland für sehr wahrscheinlich. Man habe der Staatsanwaltschaft in München neue Unterlagen geschickt, sagte der stellvertretende Staatsanwalt Jaroslav Fenyk der Tageszeitung "Pravo" am Dienstag. Malloth wird vorgeworfen, im Zweiten Weltkrieg als Aufseher der Kleinen Festung Theresienstadt Gefangene misshandelt und getötet zu haben. 1948 war er in der Tschechoslowakei in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden, wegen Verfahrensfehlern wurde der Richterspruch jedoch 1968 aufgehoben.

POPULARITÄT DER MINISTER

Zur beliebtesten Persönlichkeit des sozialdemokratischen Kabinetts, bzw. der Schattenregierung der ODS wurde zum ersten Mal Vizepremier und Finanzminister Pavel Mertlik in einer Umfrage gewählt. Die Vorsitzenden der beiden Parteien, Milos Zeman und Vaclav Klaus, sind in der Umfrage der Agentur Sofres-Factum vom Dezember, auf die bisher niedrigste Stufe gesunken. Premier Zeman befindet sich auf der allerletzten Stelle unter 31 bewerteten Persönlichkeiten, dem Parlamentschef Klaus gehört die drittletzte Position.

LOHNVERHANDLUNGEN IM BETRIEB SKODA AUTO

Nicht einmal die elfte Verhandlungsrunde im Betrieb Skoda Auto am Montag, die die Gewerkschaftler und die Unternehmenleitung über die Arbeitszeit und Löhne im Jahre 2000 führen, hat zu einem Kompromiss geführt. Die beiden Seiten einigten sich nur auf die Fortsetzung intensiver Gesrpäche in den kommenden Tagen.

ZYKLUS DER KLAVIERKONZERTE VON BEETHOVEN

Der amerikanische Pianist Yefim Bronfman hat am Montag im Prager Konzerthaus Rudolfinum einen einzigartigen Konzertzyklus eröfnet. An drei Abenden in dieser Woche wird er in Prag alle fünf Klavierkonzerte von Ludvig van Beethoven interpretieren. Auf den Konzerten tritt Bronfman mit der Prager Kammerphilharmonie unter der Leitung von Jiri Belohlavek auf.