Nachrichten Freitag, 21. Januar, 2000

Proteste zum neuen Ausländergesetz auch aus Litauen und Bulgarien

Das ab dem 1. Januar in Tschechien in Kraft getretene neue Ausländergesetz stößt international auf Widerstand. Besonders kritisiert wird die Einteilung der Welt in "problemlose" und "Problemstaaten". Aus diesem Grund haben - Berichten tschechischer Tageszeitungen vom Donnerstag zufolge - nach Russland nun auch Litauen und Bulgarien gegen die Einreihung ihrer Länder unter die sog. Problemstaaten offiziell protestiert. Außenminister Jan Kavan, der am Mittwoch gegenüber dem Tschechischen Fernsehen einräumte, Protestschreiben auch aus weiteren Ländern erhalten zu haben, erklärte dazu, dass "in der Mehrzahl keine Protestnoten, jedoch sehr kritische Schreiben in seinem Ministerium eingegangen seien".

Das neue Gesetz legt den Bürgern mehrerer Länder u.a. auf, sich bei ihrer Einreise in die Tschechische Republik einen sog. Grenzbegleitschein inklusive zweier Fotos ausstellen zu lassen. Im Grenzbegleitschein werden Grund und beabsichtigte Länge des Aufenthaltes festgehalten und bei der Ausreise gegengeprüft. Zu den sog. problemlosen Staaten gehören Bürger der Europäischen Union oder der USA, für die die neue Regelung kaum Änderungen mit sich bringt.

500 Behinderte demonstrierten in Prag gegen Politik des Sozialabbaus

Mit der Problematik der Kürzung von sozialen Leistungen für Blinde und Schwachsichtige wird sich der tschechische Abgeordnetenausschuss für Sozialpolitik und Gesundheitswesen alsbald befassen. Das teilte am Donnerstag das Mitglied des Ausschusses Vaclav Krasa von der Freiheitsunion gegenüber der Nachrichtenagentur CTK mit. Dabei kritisierte er die Bestrebungen des Arbeitsministeriums für eine Kürzung der Zuwendungen für Sozialschwache und unterstützte gleichzeitig die Forderung der rund 500 Demonstranten aus den Reihen des Blinden- und Schwachsichtigen-Verbandes, die am Donnerstag vor dem Arbeitsministerium gegen den Abbau der Sozialpolitik protestiert haben. Arbeits- und Sozialminister Spidla sagte gegenüber den Demonstranten, dass es sich bei der Einschränkung der Zuwendungen um eine vorübergehende Regelung handele, sich ansonsten aber an der Regierungspolitik gegenüber behinderten Bürgern nichts ändern werde.

Belgien versichert Tschechien der vollen Unterstützung bei EU-Beitritt

Belgien unterstütze, den Worten seines Außenministers Louis Michel zufolge, die Bemühungen der Tschechischen Republik um Aufnahme in die Europäische Union voll und ganz. Diese Aussage traf der Chef der belgischen Diplomatie während seines Treffens mit der tschechischen Senatspräsidentin Libuse Benesova am Donnerstag in Brüssel. Wie die Vorsitzende der Oberen Kammer des tschechischen Parlaments gegenüber der Nachrichtenagentur CTK anführte, "sei die Tschechische Republik bis zu einem gewissen Maße sogar der Favorit für den EU-Beitritt" in den Augen des belgischen Außenministers.

Mit ihrem Treffen mit Louis Michel beendete Libuse Benesova am Donnerstag ihren zweitägigen offiziellen Besuch in Belgien, bei dem die Fragen der europäischen Integration im Vordergrund standen. Zum Abschluss ihres einwöchigen Aufenthaltes in den Benelux-Ländern reiste die tschechische Politikerin am Freitag nach Luxemburg weiter.

Tschechische Polizei nimmt Chef von türkischer "Befreiungsarmee" fest

Die tschechische Polizei hat am deutsch-tschechischen Grenzübergang Cinovec/Zinnwald vier Personen festgenommen, die mit internationalem Haftbefehl gesucht wurden. Einer der Verhafteten soll nach Angaben der tschechischen Nachrichtenagentur CTK der Chef der linksextremistischen türkischen Untergrundorganisation "Armee zur Befreiung türkischer Bauern und Arbeiter" (TIKKO), Suleyman Sahin, sein. Der 37jährige werde wegen des Verdachts auf bewaffneten Überfall gesucht.

Sahin war nach diesen Angaben 1993 aus einem türkischen Gefängnis geflohen und stand seitdem auf der Fahndungsliste von Interpol. Die TIKKO soll sich mit der kurdischen Separatistenorganisation PKK verbündet haben.

Einigung bei Autobahn Prag - Dresden über Usti nad Labem/Aussig erzielt

Der Streit in Tschechien um die Trassenführung der Autobahn von Prag nach Dresden ist beigelegt. Verkehrsminister Antonin Peltram einigte sich am Mittwoch in Prag mit Umweltminister Milos Kuzvart auf eine Lösung mit einem 3,5 Kilometer langen Tunnel unter dem Schutzgebiet "Böhmisches Mittelgebirge".

Die Autobahn soll die tschechische Hauptstadt über die nordböhmische Bezirksstadt Usti nad Labem/Aussig mit Dresden verbinden. Auf tschechischer Seite ist mehr als die Hälfte der Strecke gebaut. Der Streit zwischen den beiden sozialdemokratischen Ressortchefs hatte sich in den vergangenen Wochen verschärft. Kuzvart wollte aus Umweltschutzgründen keine Genehmigung für die bisherige Trasse durch das nordböhmische Gebiet erteilen.

Er betonte, dass die neue Trasse kürzer sei, räumte jedoch ein, dass diese mit Tunnel "deutlich teurer" werde als die ursprüngliche Route. Wie der stellvertretende Direktor der tschechischen Autobahn- und Straßenbau- Direktion, Alois Lichnovsky, am Donnerstag gegenüber CTK anführte, verlängere sich der Bau der Autobahn D 8 mit der Tunnelvariante nunmehr um mindestens drei Jahre.

Tarifstreit bei Automobilkonzern Skoda Auto beendet

Die Erhaltung der Arbeitsplätze und eine Tariflohnerhöhung um durchschnittlich 3,8 Prozent stehen seit Donnerstag als Verhandlungsergebnis des wochenlangen Tarifstreits zwischen den Gewerkschaftern und der Firmenleitung des tschechischen Automobilkonzerns Skoda Auto zu Buche. Nach zähem Ringen brachte die 15. Verhandlungsrunde endlich den Durchbruch.

"Wir haben alle Vereinbarungen getroffen und werden die neuen Kollektivverträge am kommenden Montag unterzeichnen, sagte Gewerkschaftssprecher Jaromir Cvrcek dazu am Donnerstag gegenüber CTK. Demzufolge werden die Arbeitnehmer auch ihre Blockade bei der neuen Überstundenregelung aufheben.

Im letzten Jahr waren die Löhne der Beschäftigten um 12 Prozent angehoben worden, trotz einer - wie sich später herausstellte - Jahresinflation von lediglich zwei Prozent. Der Durchschnittslohn eines Arbeiters im Automobilwerk Skoda liegt bei rund 15.000 Kronen (etwa 800 Mark).

Und hier die aktuelle Wettervorhersage:

Am Freitag wird eine Kaltfront von Norden her das Gebiet der Tschechischen Republik überqueren. Tagsüber wird es bewölkt bis bedeckt sein, örtlich ist mit Schneefall oder Schneeschauern zu rechnen. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen Werte zwischen minus 3 und plus 1 Grad Celsius.

Die weiteren Aussichten: Am Samstag und Sonntag nimmt die Kaltluftzufuhr in Tschechien weiter zu. Der Himmel wird bewölkt bis bedeckt sein, örtlich ist mit Schneefall oder Schneeschauern zu rechnen. Die Nachttemperaturen bewegen sich zwischen - 4 und -10 Grad in der Nacht zum Samstag und zwischen minus 2 und minus 6

Grad in der Nacht zum Sonntag, die Tageshöchstwerte liegen an beiden Tagen bei minus 4 bis 0 Grad Celsius.