Nachrichten Dienstag, 14. Dezember, 1999

Der Aufruf verwandelt sich in eine Bürgervereinigung

Anfang Januar wird in Prag offiziell die Bürgervereinigung "Danke, ihr könnt gehen!" gegründet. Das Ziel der Bürgerinitiative wird es sein, die Forderungen sechs ihrer Initiatoren durchzusetzen und die Bürger im Rahmen der Zivilgesellschaft zu aktivieren. Der ursprüngliche Aufruf vom 17. November, in dem nun auch die Kündigung des Oppositionsvertrags, der Rücktritt des Milos- Zeman-Kabinetts und die Durchführung vorgezogener Parlamentswahlen gefordert werden, wurde bislang von 170.000 Menschen unterzeichnet. Ausführlicher befassen wir uns mit diesem Thema im Tagesecho im Anschluss an die Nachrichten.

Thesen zum ersten Gesetz über Beziehung Staat-Kirche verabschiedet

Das tschechische Kabinett hat am Montag die Thesen des Gesetzes über die Religionsfreiheit und die Stellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften gebilligt. Der erste einer Reihe künftiger Gesetzentwürfe, die die Beziehung Staat-Kirche neu definieren sollen, regelt die Registration der Kirchen und Religionsgemeinschaften. Für die Registration einer Religionsgemeinschaft sollen künftig nur noch 300 Unterschriften der Gläubigen ausreichen, bislang waren es 10.000. Das Gesetz soll die rechtliche Selbständigkeit auch Organisationen der Gläubigen ermöglichen, die sich bislang für diskriminiert hielten - u.a. den Moslems, den Buddhisten, neuen Religionsströmungen sowie kleineren Kommunitäten traditioneller Glaubensbekenntnisse, wie z.B. den Anglikanern.

19. Dezember - Einheit der Christen

Am 19. Dezember, dem letzten Adventsonntag, wollen die tschechischen Kirchen mit ökumenischen Gottesdiensten ihren Wunsch nach der künftigen Einheit der Christen zum Ausdruck bringen. Christen verschiedener Glaubensbekenntnisse werden nach dem Vorhaben des Ökumenischen Kirchenrates und der katholischen Bischöfe in den größten Kirchen in verschiedenen tschechischen Städten zusammentreffen. Das Jahr 2000 schliesse die bewegte Geschichte des Christentums in den vergangenen zwei Jahrzehnten ab, erklärten der Vorsitzende des Ökumenischen Rates, Pavel Smetana, und das Oberhaupt der tschechischen katholischen Kirche, Kardinal Miloslav Vlk, in einem an die Kirchen adressierten Schreiben. Das Ende des zweiten christlichen Jahrtausends stelle - so die kirchlichen Würdenträger - einen Grund zur Dankbarkeit für die Barmherzigkeit Gottes dar. Zugleich sei es auch ein Grund zu einer tiefen Reue der Christen, da sie die ihnen anvertraute Botschaft vielmals in der Geschichte verraten haben.

Zeman reiste nach Vietnam

Der tschechische Premier Milos Zeman ist am Montag zu einem einwöchigen offiziellen Besuch nach Vietnam und China gereist. In Hanoi und in Peking wird die tschechische Delegation vor allem über die Stärkung der ökonomischen Zusammenarbeit, die Entwicklung des gegenseitigen Handels und die Verbesserung des gegenwärtigen negativen Handelssaldos Tschechiens mit den beiden Ländern verhandeln. Mitglieder der Delegation sind auch Vize- und Finanzminister Pavel Mertlik, Industrie- und Handelsminister Miroslav Gregr sowie Vertreter 18 tschechischer Unternehmen.

Weißrussen protestierten gegen den Unionsvertrag mit Russland

Unter den Mottos "Weißrussland ist kein Dorf" und "Wir haben genug von der UdSSR" hat am Montag auf dem Wenzelsplatz in Prag eine Protestkundgebung stattgefunden, die vom weißrussischen Kulturverein Skaryna und von den in Tschechien lebenden Weißrussen organisiert wurde. Die Organisatoren wollten ihren Protest gegen die Verletzung der Menschenrechte in Weißrussland und gegen den Unionsvertrag über die Errichtung eines Staatenbundes zwischen Russland und Weißrussland zum Ausdruck bringen, der am vergangenen Mittwoch von den Staatspräsidenten der beiden Länder, Boris Jelzin und Alexandr Lukaschenko unterzeichnet wurde. Die Organisatoren der Protestkundgebung forderten den tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Havel, das Parlament, die Regierung und weitere Institutionen in Tschechien auf, dass sie während ihrer Verhandlungen mit offiziellen weißrussischen Vertretern an die Notwendigkeit erinnern, die Menschenrechte zu berücksichtigen und schnellstens freie Wahlen durchzuführen. Die Protestierenden machten die tschechischen Bürger darauf aufmerksam, dass der Anschluss Weißrusslands an Russland ihrer Meinung nach den ersten Schritt bei den russischen Bemühungen um die Erneuerung der Herrschaft über Länder Mittel- und Osteuropas, also auch Tschechien, darstelle.

Industrieprodukte - Preisanstieg

Die Preise der Industrieprodukte sind im November im Vergleich zum Vorjahr um 2,4% angesteigen. Die Preise der Bauarbeiten stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 4,2%. Die Preise im Dienstleistungsbereich sind um 14,1% gesunken. Die Resultate der Untersuchungen des Tschechischen Statistischen Amtes wurden heute von seinem Sprecher Jaroslav Machane veröffentlicht.

Nächstes Jahr wird es weniger Pensionsfonds in CR geben

Die Zahl der in Tschechien wirkenden Pensionsfonds wird im nächsten Jahr sinken. Die Vertreter des Finanzministeriums und der Vereinigung der Pensionsfonds einigten sich auf die Notrwendigkeit, diese Fonds zusammenzuschliessen. Darüber informierte das öffentlich-rechtliche Tschechische Fernsehen. Vaclav Krivohlavek vom Finanzministerium erklärte, er rechne damit, dass sich die Zahl der Fonds im nächsten Jahr auf 10 bis 15 Fonds stabilisieren könnte. 1994 wurden 44 Pensionsfonds in der Tschechischen Republik gegründet, jetzt sind nur noch 25 Fonds tätig.

Neue Zeitung Patron hilft den Bedürftigen

In den Straßen Prags, Pilsens, Ostraus und Brünns erschien am Montag erstenmals eine neue Zeitung unter dem Titel Patron, die zweimal pro Monat herausgegeben werden soll. Sie wird sich auf gesellschaftlich brissante Themen, Reportagen über ungewöhnliche Menschen und auf Interview mit bekannten Persönlichkeiten orientieren. Das Blatt wird von Menschen vertrieben, die sich in einer Krisensituation befinden. Diese werden die einzelnen Expemplare für 10 Kronen kaufen und für 20 Kronen verkaufen. Patron wird von der Bürgerinitiative Novy prostor im Rahmen des Projektes Street Papers herausgegeben. Dieses Projekt ist in vielen Ländern Westeuropas bereits erfolgreich. Es verknüpft die Hilfe für Bedürftige mit der Herausgabe eines attraktiven Blatts und versucht, die Menschen bei der Lösung ihrer Probleme aktiv einzubinden.

Dostal verhandelt über Schloss Janowitz

Der tschechische Kulturminister Pavel Dostal wird am Dienstag in Berlin mit seinem deutschen Amtskollegen, Kultus-Staatsminister Michal Naumann über das gemeinsame Projekt Schloss Janowitz in Böhmen verhandeln. Die beiden hatten das Schloss im Frühjahr anlässlich eines internationalen Karl-Kraus- Symposiums besucht. Schloss Janowitz war Anfang dieses Jahrhunderts eine Begegnungsstätte tschechischer und deutscher Intellektueller. Zu den Gästen gehörten u.a. Karl Kraus und Rainer Maria Rilke . Das Schloss soll zu einem Kulturzentrum in Europa und einer Begegnungsstätte für Tschechen, Österreicher und Deutsche aus Kultur, Wissenschaft und Politik werden.