Es gibt nur den einen!

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In der katholischen Kirche gibt es nur einen Gott. Glauben aber tschechische und deutsche Jugendliche anders? Dieser Frage ist Bara Prochazkova aus Anlass des Weltjugendtages, der in der vergangenen Woche in Köln stattgefunden hat, nachgegangen. Mit dem Mikrophon hat sie tschechische und deutsche Jugendliche während des Vortreffens in der Diözese Bamberg begleitet. Dort haben rund 200 junge gläubige Tschechen vier Tage in deutschen Gastfamilien verbracht und wurden mit dem Glauben anderer konfrontiert.

Wir sind alle gleich, aber doch irgendwie anders - dies war den Jugendlichen bereits am zweiten Tag aufgefallen:

"Sie sitzen in der Kirche, sind in sich versunken, meditieren, und das gefällt mir sehr gut. Dass man ein bisschen zur Ruhe kommt, das gibt es bei deutschen Jugendlichen eigentlich sehr wenig. Wenn sie eine Kirche sehen, dann gehen sie hinein und setzen sich hin. Dann sprechen sie ein kurzes Gebet, das finde ich sehr schön. Das ist ein Unterschied.""Wenn man bei uns die Jugendlichen ankuckt, da gehen selten welche jeden Sonntag in die Kirche."

"Also uns ist aufgefallen, dass öfter gebetet wird. Die Gebete sind nicht so lang, eher kurz und bündig."

"Sie sind überhaupt nicht anders, sie sind genauso lustig wie wir auch. Nur dass die Sprache anders ist."

Auch die Gastmutter Helga Bitzer, die zwei Gäste aus Tschechien für die vier Tage aufgenommen hat, bestätigt, dass die Jugendlichen sehr schnell in Kontakt gekommen sind und eine gemeinsame Sprache gefunden haben. Trotzdem ist Helga Bitzer aufgefallen, dass die tschechischen Jugendlichen ihren Glauben anders leben als ihre eigenen Kinder. Die Unterschiede, meint sie, haben sich aber sehr gut vereinbaren lassen:

"Sie beten immer vor dem Essen. Wir beten nur vor dem Mittagessen, aber sie beten vor dem Frühstück, vor dem Mittagessen und vor dem Abendessen. Dort sehe ich einen Unterschied. Wir haben es so gelöst, dass wir jetzt vor dem Frühstück beten, Mittagessen haben wir bis jetzt nicht miteinander eingenommen, und zum Abendessen beten wir jetzt auch mit ihnen mit. Wir machen es so, dass ich in der Früh bete, heute Morgen wurde wieder auf Tschechisch gebetet. Wir es sich gerade ergibt. Es wird eine der beiden Sprachen benutzt, wir wechseln uns ab."

Die Jugendlichen aus Nordböhmen sind nach Bamberg gekommen, damit sie andere Leute kennen lernen und mit ihnen über ihren Glauben sprechen können Viele suchen in der Menschenmenge eine Unterstützung für ihre Religiosität. Denn, wie sie selber zum Ausdruck gebracht haben, es sei schwierig, in der tschechischen Gesellschaft den Glauben zu leben. Bei den deutschen Jugendlichen fallen ihnen auch einige Unterschiede auf:

"Sie sind Meiner Meinung nach ganz anders. Sie nehmen den Glauben oberflächlicher als die Tschechen. Also nach dem, was ich bis jetzt beobachtet habe. Als ich auf dem nationalen Treffen war, haben alle den Glauben ernst genommen und den Glauben konnte man spüren. Ein großer Unterschied ist es, dass ich einen Gläubigen von einem Nicht-Gläubigen nicht unterscheiden kann. Sie sehen ähnlich aus und verhalten sich ähnlich.""Mir kommt es nicht so vor, und auch die Gastfamilien haben eine ähnliche Sicht. Ich habe keine Unterschiede beobachtet, zwischen Tschechen und Deutschen ist der Glaube ähnlich."

"Selbstverständlich ist der christliche Glaube ganz anders als in der Tschechischen Republik. Konkrete Unterschiede habe ich nicht beobachtet, nur dass sie ein bisschen liberaler sind, sie trinken zum Beispiel Bier."

Die Pastoralreferentin Anne Kathrin Eisenbarth-Goletz aus Bamberg beteiligte sich an den Vorbereitungen für das Vortreffen und kommentierte die Eindrücke der tschechischen Jugendlichen:

"Ich würde das nicht liberal nennen. Ich würde sagen, es ist eine andere Art, seinen Glauben zu leben. Und ich wäre sehr vorsichtig mit Kategorisierungen wie zu liberal oder zu konservativ. Es ist einfach eine andere Art und Weise, und es ist ganz wichtig, dass man für diese Verschiedenheiten gegenseitig aufgeschlossen ist. Denn wir glauben alle an den einen."

Der Höhepunkt des Vortreffens in der Bamberger Diözese war ein Kulturfestival auf dem Domplatz. Trotz nicht nur sprachlicher Unterschiede haben sich jedoch alle 3.500 anwesenden Jugendlichen aus 37 Ländern der Welt verstanden, die Musik hat alle angesprochen:

Zwischen tschechischen und deutschen Diözesen gibt es insgesamt acht Partnerschaften, auch die Diözese in Bamberg und die Gemeinde im nordböhmischen Jablonec nad Nisou / Gablonz arbeiten eng zusammen. Seit Jahren arbeitet ein Zivildienstleistender aus Bamberg in Gablonz mit. Der Student Sebastian Kraft hat 14 Monate in Gablonz sein Friedensdienst geleistet, Tschechisch gelernt und sich viel mit der tschechischen Kirche auseinandergesetzt. Er sieht die größten Unterschiede in den Strukturen der beiden Kirchen:

"Der größte Unterschied zwischen der tschechischen und der deutschen katholischen Kirche ist, dass die tschechische Kirche eine Entscheidungskirche und die deutsche eine Volkskirche ist. Das heißt, dass in der deutschen Kirche viele Jugendliche aufgrund der Tradition dabei sind, oder weil sie von den Eltern so erzogen sind. Viele schwimmen mit. Dann ist vieles verständlicherweise auch oberflächlich. Das ist genau das, was die Tschechen als liberal bezeichnen. Ein deutscher Jugendlicher geht nicht jeden Tag in die Kirche, sondern am Sonntag. Die tschechischen Jugendlichen, die ich kennen gelernt habe und die auch hier sind, sie sind in einer Entscheidungskirche groß geworden, wo sie ihren Glauben total leben. Das heißt bis zur letzten Konsequenz. Das heißt für sie auch, dass sie jeden Tag, oder jeden zweiten oder jeden dritten Tag in die Kirche gehen."

Sebastian fügt hinzu, dass er in Tschechien keine Jugendlichen gesehen habe, die einfach so mitschwimmen. Wenn man in Tschechien einer Kirche angehöre, dann mache man es mit tiefstem Herzen und lebe diesen Glauben bis zur letzten Konsequenz, erinnert sich Sebastian an seine persönlichen Erfahrungen in Tschechien. Der Erzbischof von Bamberg, Ludwig Schick, sieht gerade in den Vortreffen eine große Bedeutung der Weltjugendtage. Die Jugendlichen absolvieren hier nicht nur ein Besucherprogramm, sondern haben auch die Möglichkeit, sich untereinander über solche Unterschiede auszutauschen, so Schick:

"Gerade die Vortreffen geben Möglichkeiten, sich zu treffen. In Köln sind die Nationen wegen der Sprachen und der Katechesen wieder ein Stück voneinander getrennt. Aber hier in den Diözesen können wirklich Freundschaften entstehen, denn man kann etwas miteinander machen."

Kardinal Miloslav Vlk
Den Weltjugendtag hat der verstorbene Papst Johannes Paul II. 1985 gegründet, seit 1991 sind auch immer tschechische Jugendliche dabei. An dem Vorwochenprogramm haben in diesem Jahr rund 3.000 junge Tschechen teilgenommen, nach Köln sind dann 3.500 Gläubige aus Tschechien gefahren. Eine von ihnen war die Studentin Lucie Koutova aus Hradec Kralove / Königgrätz, die bereits zum vierten Mal an der katholischen Pilgerfahrt teilgenommen hat. Lucie erklärt, warum immer mehr Tschechen zu den Treffen mit dem Papst fahren:

"Manche waren schon öfters bei einem Weltjugendtag dabei und wollen das noch mal erleben, andere wollen zum ersten Mal hinfahren, weil sie von Freunden oder Familienmitgliedern gehört haben, dass es interessant ist. Manche wollen auch die Gastfreundschaft der Menschen erfahren. Die meisten wollen damit ihren Glauben vertiefen, neue Impulse für das Leben finden, zusammen beten und zusammen die Messe feiern. Manche wollen sich dagegen mit Leuten aus anderen Ländern treffen und sich mit ihnen austauschen."

Der Weltjugendtag zeigt vor allem, dass man seinen Glauben überall leben kann, nicht nur in der Heimatgemeinde, fügt Lucie hinzu. Auch der tschechische Kardinal Miloslav Vlk freut sich über das Engagement der tschechischen Jugendlichen:

"Ich finde die Beteiligung der tschechischen Jugend und diese Arbeit sehr zufrieden stellend. Wir hätten sicher noch einen Wunsch, nämlich dass es mehr wird. Aber das, was wir haben, ist sehr gut."