Von Karl IV. bis Cyberlove

Karl IV. (Foto: Kristýna Maková, Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
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Aus der Vergangenheit in die Zukunft und zurück. So ließen sich die Themen beschreiben bei den nächsten Veranstaltungen des Tschechischen Zentrums in Berlin. Große Namen gibt es dabei wie Josef Capek und Karl IV., aber auch das tschechische Gegenwartsdrama oder sogar das sogenannte Internet der Dinge. Mehr zum Programm nun im Gespräch mit Christina Frankenberg, der stellvertretenden Leiterin des Zentrums in Berlin.

Foto: Verlag Arco
Frau Frankenberg, der Maler Josef Čapek hat unter anderem auch Gedichte geschrieben. Diese sind im vergangenen Jahr, also 70 Jahre nach dem Tod Čapeks, erstmals auf Deutsch erschienen. In der Tschechischen Botschaft in Berlin wird nun aus den Gedichten gelesen – und zwar mit interessanten Gästen. Was erwartet die Besucher bei der Veranstaltung?

„Das ist eine Veranstaltung, die das Tschechische Zentrum – wie Sie schon gesagt haben – gemeinsam mit der Tschechischen Botschaft veranstaltet. Es geht um Josef Čapeks Band mit Gedichten aus dem Konzentrationslager, die dort sowohl im Original als auch in tschechischer Übersetzung stehen. Es werden auf Tschechisch die Schauspielerin Zdena Procházková lesen und auf Deutsch der Übersetzer Urs Heftrich, Lehrstuhlinhaber für slawische Literaturwissenschaft an der Universität in Heidelberg. Urs Heftrich hat schon viele nicht nur tschechische Autoren ins Deutsche übersetzt. Beide Lesenden werden am Klavier begleitet von Professor Gilead Mishory. Er ist Pianist, stammt aus Israel und lehrt an der Universität in Freiburg.“

Kaufhaus Kotva  (Foto: Kristýna Maková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag)
Heutzutage gibt es ja nicht nur Vernissagen, sondern auch Finissagen, also Feiern zum Abschluss einer Ausstellung. Bei Ihnen geht am 3. Juni die Ausstellung über die Architektur tschechischer Kaufhäuser zwischen 1965 und 1975 zu Ende. Über die Ausstellung selbst hatten wir beim letzten Mal schon gesprochen. Was ist nun zum Ende geplant?

„Zum einen eine Klanginstallation von Ivan Palacký, der sich mit den Klängen von Kaufhäusern beschäftigt hat. Zum anderen gibt es eine Podiumsdiskussion oder ein Gespräch zur Architektur des Ehepaars Machonín. Die beiden Architekten haben das Kaufhaus Kotva entworfen, das auch in der Ausstellung besprochen wird. Und sie sind durch weitere große Bauten in der Tschechoslowakei bekannt geworden wie etwa das Hotel Thermal in Karlsbad. Dazu kommt das Gebäude, in dem seit 2012 auch das Tschechische Zentrum in Berlin seinen Sitz hat. Die Tschechische Botschaft nutzt aber den größten Teil des Gebäudes – deswegen bietet es sich an, dort über das Schaffen der beiden Architekten zu sprechen. Die Maníns haben für die tschechische Architektur der Zeit wirklich Herausragendes geleistet und moderne Bauten entworfen, die auch den Vergleich mit damaliger westeuropäischer Architektur nicht scheuen müssen.“

„Mit dem Czech Innovation Festival dringen wir in einen Programmbereich vor, dem wir uns bisher noch nicht gewidmet haben.“

In den beiden bisher besprochenen Veranstaltungen wird der Blick eher zurück in die Vergangenheit gewendet. Beim Festival der Innovationen in der zweiten Juniwoche wagen Sie hingegen den Blick in die Zukunft. Es geht um einen Bereich, in dem Tschechien und Deutschland im vergangenen Jahr eine Partnerschaft geschlossen haben. Vielleicht können Sie etwas Licht in die Sache bringen…

„Es handelt sich um das Czech Innovation Festival. Es wird vom 9. bis 11. Juni hier bei uns im Tschechischen Zentrum stattfinden. Zur Erklärung muss ich ein bisschen ausholen. Und zwar dringen wir mit diesem Festival in einen Programmbereich vor, dem wir uns bisher noch nicht gewidmet haben. Wir wollen ein sozusagen unbekanntes Gesicht der Tschechischen Republik zeigen, in einem Bereich, der aber sehr spannend ist. Es geht um Innovationen, wobei wir uns in Zukunft nicht nur auf technische Neuerungen beschränken, sondern dies auch als eine Art des kreativen Denkens verstehen wollen, das die Welt der Hochschulen mit jener der Unternehmen verbindet. Eine erste große Veranstaltung ist eben das Czech Innovation Festival. Das findet zeitgleich mit der Web Week statt, einer Veranstaltung zu Internet und digitalen Welten, und orientiert sich inhaltlich daher daran.“

Petr Očko  (Foto: CzechInvest)
Was ist nun konkret geplant?

„Zwei Veranstaltungen sind für die Öffentlichkeit zugänglich. Da bitten wir nur darum, sich vorher zu registrieren. Das kann man alles auf unserer Homepage auch sehen. Am 9. Juni werden wir zum Beispiel Professor Vladimír Mařík hier haben. Er ist der Gründungsdirektor eines neuen Instituts zu Kybernetik und Robotik an der Technischen Hochschule in Prag. Professor Mařík wird diese Neugründung vorstellen. Ein weiterer Gast ist Petr Očko, Leiter der Technologischen Agentur. Diese Institution entscheidet über die Verteilung der Forschungsgelder in der Tschechischen Republik, und dort besteht seit Neuestem ein Fördertopf für deutsch-tschechische Projekte. Genau diesen wird Petr Očko vorstellen. Am Abend spielt dann DJ Floex und erweitert damit das innovative Denken um die Musikszene. Für Freitag, 10. Juni, möchte ich einen Pitch tschechischer Startup-Firmen erwähnen. Da werden kleine Startup-Unternehmen sich und ihre Ideen in einem begrenzten zeitlichen Rahmen vorstellen. Zudem werden wir eine zweite Gesprächsrunde veranstalten. Dabei geht es um erfolgreiche Projekte ‚Made in Czech Republic‘. Wir werden etwa den Direktor der Firma Avast Software hier haben. Die Firma hat Antivirenprogramme entworfen. Dazu muss man wissen, dass zwei der fünf erfolgreichsten‚Slyšení‘ (Foto: Archiv von Komorní scéna Aréna) Anbieter von Antivirenprogrammen in der Welt tschechische Firmen sind.“

„Deutsche Regisseure und Darsteller verwandeln die Galerie des Tschechischen Zentrums für einen Abend in ein kleines Theater.“

Von den Neuerungen im Internet führt eine Spur auch zu einer weiteren Veranstaltung bei Ihnen. Und zwar zu einem Festival zum Gegenwartsdrama in Tschechien am 22. und 23. Juni. Dort wird unter anderem aus einer existenziellen Cyberkomödie gelesen. Vielleicht können Sie mehr zu diesem und den anderen Stücken, den Autorinnen und Autoren und zur Veranstaltung sagen…

„Das Stück, das sie erwähnt haben, ist die Komödie ‚Cyberlove‘. Es geht um einen Computer-Freak, der die Welt verändern möchte. Ihm gelingt es, eine Pornodarstellerin aus einem Computerspiel zum Leben zu erwecken. Wir werden Ausschnitte aus diesem Theaterstück von Helena Eliášová und auch aus den Werken von Kateřina Rudčenková und Roman Sikora in drei szenischen Lesungen bei uns in der Galerie des Tschechischen Zentrums vorstellen. Diese Veranstaltung ist Teil des Festivals ‚Ein Stück Tschechien‘ oder auf Tschechisch ‚Kus: Česka‘. Veranstaltet wird das Festival vom Tschechischen Zentrum zusammen mit dem Verein ‚Drama Panorama‘, es findet an zwei Tagen statt. Am ersten Tag sind die drei szenischen Lesungen bei uns im Tschechischen Zentrum. Da werden deutsche Regisseure und Darsteller die Galerie des Tschechischen Zentrums für einen Abend in ein kleines Theater verwandeln und Szenen aus den drei ausgewählten Stücken lesen. Von Kateřina Rudčenková wird es das Stück ‚Niekur‘ sein, was sich mit der Liebesbeziehung zwischen einer jungen tschechischen Schriftstellerin und einem älteren litauischen Dichter beschäftigt. Roman Sikora wird mit dem Werk ‚Auf dem Weg zum Sieg‘ vertreten sein. Dieses Stück führt uns zurück in die k. u. k. Monarchie, in die Zeit des Ersten Weltkrieges.“

‚Slyšení‘  (Foto: Archiv von Komorní scéna Aréna)
Und für den zweiten Abend, was ist da vorgesehen?

„Am 23. Juni werden wir im Theater ‚Unter dem Dach‘ am Prenzlauer Berg ein Kammerensemble zu Gast haben: die Komorní scéna Aréna aus Ostrau. Die Schauspieler werden das Stück ‚Slyyšení‘ – auf Deutsch ‚Die Anhörung‘ – von Tomáš Vůjtek vorstellen. Die Festivalleitung Barbora Schnelle und Henning Bochert hat bei der Programmplanung ein glückliches Händchen gehabt. Sie hat die Inszenierung eingeladen, die in Tschechien in diesem Jahr alle wichtigen Theaterpreise erhalten hat. Das Stück ‚Slyyšení‘ wurde zur Inszenierung und zum Theaterstück des Jahres bestimmt. Außerdem wurde der Hauptdarsteller als bester in seiner Kategorie ausgezeichnet. Und das Theater selbst wurde zum Theater des Jahres gekürt. Es wird also eine ganz besondere Veranstaltung sein.“

‚Slyšení‘  (Foto: Archiv von Komorní scéna Aréna)
Wie ist das Sprachproblem bei dem Stück aus Ostrau geregelt?

„Das Stück wird auf Tschechisch gespielt und simultan auf Kopfhörer gedolmetscht – für die, die das benötigen.“

Zum Schluss unseres Gesprächs geht es noch mal weit zurück in die Vergangenheit bei einer Ausstellung in Tangermünde. Ich nenne nur das Stichwort Karl IV.: Was wird zu sehen sein?

„Es wird eine Ausstellung geben, die sich mit dem Leben von Karl IV. beschäftigt. Sie trägt den deutschen Namen ‚Vierfacher König auf dem Kaiserthron – der Lebensweg von Karl IV. in 14 Stationen‘. Diese Ausstellung stellt nicht nur den Herrscher Karl IV. vor, sondern auch den Menschen und seinen Alltag im 14. Jahrhundert. Wir zeigen die Ausstellung in Tangermünde, weil dieser Ort ganz eng mit dem Kaiser verbunden ist. Die Burg von Tangermünde wurde nämlich zur Zeit von Karl IV. zur Kaiserpfalz ausgebaut. Und von 1373 bis 1378 hatte der König seinen Zweitsitz in Tangermünde – einer kleinen Stadt in Sachsen-Anhalt, westlich von Berlin, mit einem bis heute sehr schönen mittelalterlichen Stadtbild. Und dort im Kapitel-Turm der Burg wird dann die Ausstellung über Karl IV. den ganzen Sommer bis zum 28. August zu sehen sein. Vielleicht ist das ja für den einen oder anderen Hörer ein Grund, mal einen Ausflug nach Tangermünde zu machen.“

Autor: Till Janzer
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