München: Lange Nacht der Musik, Dokfest und Jan Hus

Kieslowski (Foto: YouTube)

Eine Lange Nacht der Musik, das Dokfest und zwei Ausstellungen zum 600. Todestag des böhmischen Kirchenreformators Jan Hus. Das sind die Schwerpunkte im Programm des Tschechischen Zentrums in München für die Monate Mai und Juni. Einzelheiten dazu erfahren Sie jetzt im folgenden Gespräch mit dem Leiter des Zentrums, Ondřej Černý.

David und Marie Kieslowski  (Foto: YouTube)
Die ‚Lange Nacht der Musik‘ findet in München einmal pro Jahr statt. Über 100 Spielorte schließen sich zu diesem Musikspektakel zusammen und bieten Musik von Klassik bis Techno. In diesem Jahr ist es schon bald soweit, und zwar am 9. Mai. Musik aus Tschechien wird dabei nicht fehlen. Herr Černý, welche tschechische Musiker spielen bei diesem Anlass in München?

„Wie haben dieses Mal das tschechische Duo Kieslowski eingeladen. Es ist eigentlich so, dass wir im Tschechischen Zentrum nicht mehr als zwei Musiker begrüßen können, weil die Räumlichkeiten ziemlich klein sind. Es geht um ein Projekt der Pianistin und Sängerin Marie Kieslowski. Sie spielt mit dem Gitarristen und Sänger David Pomahač. Sie singen melodisch-poetische Lieder, die wir unter der Bezeichnung ‚Urban Folk aus Prag‘ präsentieren.“

Das Konzert findet am 9. Mai um 20 Uhr direkt im Tschechischen Zentrum statt. Eine weitere Veranstaltung folgt gleich am nächsten Tag. Im Rahmen des 30. Festivals Dokfest wird der tschechische Streifen ‚Always together‘ projiziert. Was für ein Festival ist das Dokfest?

Foto: Renjith Krishnan,  FreeDigitalPhotos.net
„Das Dokfest ist eines der größten und prestigereichsten Dokumentarfilmfestivals in Europa. Es geht schon in den 30. Jahrgang. Man präsentiert dieses Jahr 140 Dokumentarfilme aus 38 Ländern an elf Spielorten in ganz München. Es ist für uns immer eine große Ehre, wenn es uns gelingt, einen tschechischen Film ins Programm zu bringen. Dieses Mal haben wir es geschafft. Sehr wichtig war die Zusammenarbeit mit dem Dokumentarfilmfestival in Jihlava / Iglau. Dort waren die Programmbeauftragten des Dokfest voriges Jahr eingeladen und sie haben den tschechischen Film für ihr Festival ausgewählt.“

Eva Tomanová  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Sie haben den Film ‚Always together‘ ausgesucht. Wer hat ihn gedreht und worum geht es?

„Es ist ein Film der Regisseurin Eva Tomanová. Er dokumentiert ein sehr unkonventionelles Leben einer Aussteigerfamilie, die auf einer Waldlichtung im tschechischen Nirgendwo wohnt. Sie ist gänzlich von der modernen Gesellschaft abgewandt und lebt scheinbar in einem kleinen eigenen Paradies. Es ist ein Sozialexperiment mit fünf oder sechs Kindern, und es ist eigentlich fragwürdig, ob diese Lebensweise in Ordnung ist. Genau diese Frage wird in der Dokumentation gestellt.“

Soweit mir bekannt ist, hat die Regisseurin mehrere Jahre lang das Leben dieser Familie verfolgt.

Jan Hus
„Ja, es ist eine Langzeitdokumentation von einer ganz starken Authentizität. Deswegen hat er meiner Meinung nach auch internationale Anerkennung gefunden.“

Das Jahr 2015 wird auch als Jan-Hus-Jahr begangen. Im Jahr 1415 verurteilte das Konstanzer Konzil den böhmischen Reformator und Gelehrten Jan Hus zum Tod. Die wichtigsten Veranstaltungen und Gedenkfeierlichkeiten zum 600. Jubiläum finden zwar erst im Juli statt – Jan Hus starb am 6. Juli 1415 – aber das Programm wird eigentlich schon im Juni durch zwei Ausstellungen eingeleitet. Die eine wird am 5. 6. in Konstanz eröffnet. Es ist keine Geschichtsausstellung, sondern eine Ausstellung der zeitgenössischen Kunst. Was zeigt sie konkret?

Bild von Miroslav Jiránek  (Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums München)
„Die Ausstellung heißt ‚Jan Hus in der zeitgenössischen Kunst‘ und kommt von den Prager Galerien Le femme und Liliová 8 Atrium Gallery. Die Galerie Le femme hat sich schon im vergangenen Jahr dem Thema Bohumil Hrabal gewidmet, das sie verschiedenen Künstlern vorgelegt haben. Dieses Mal, beim Thema Jan Hus, geht es um fast zehn Künstler. Es sind Bohumil Eliáš jr., Pavel Holeka, Tomáš Hřivnáč, Pavel Chabera, Miroslav Jiránek, Boris Jirků, Miroslav Malina, Jiří Mocek und Karel Prášek. Sie werden ihre neuen Werke im Hus-Haus in Konstanz ausstellen. Die Ausstellung fängt am 5. Juni an, und man kann die Werke bis Ende Juli sehen.“

Hus-Haus in Konstanz  (Foto: Gortyna,  Wikimedia CC BY-SA 3.0)
Die zweite Ausstellung, eigentlich auch eine Wanderausstellung, setzt sich direkt mit Jan Hus auseinander, mit dem Leben und Werk des Kirchenreformators, mit seiner Theologie und seiner Wirkungsgeschichte. Von wem wurde die Ausstellung konzipiert und wie ist sie gestaltet?

„Es ist die offizielle Ausstellung der Tschechischen Zentren zum Hus-Jahr und zugleich unsere größte Ausstellung. Konzipiert wurde sie vom Hussiten-Museum in Tábor, und zwar vom Leiter des Museums, Jakub Smrčka. Sie entstand in Zusammenarbeit mit dem Hus-Haus und mit Libuše Rösch in Konstanz. Es ist eine zweisprachige, deutsch-tschechische Wanderausstellung. In Zusammenarbeit mit dem Museum in Tábor und dem Adalbert-Stifter-Verein haben wir das Kulturforum des Sudetendeutschen Hauses in München als Ausstellungsort gewählt. Für uns ist die Präsentation von Hus-Themen und überhaupt der Person Jan Hus in München von großer Bedeutung, weil Bayern ein katholisches Land ist. Es ist wichtig, ihn hier zu präsentieren. Konstanz mit seiner evangelischen Prägung ist viel naheliegender um Hus zu zeigen. Gerade deswegen legen wir aber ein großes Gewicht auf die Präsentation in München.“

Wanderausstellung „Jan Hus im Jahre 1415 und 600 Jahre danach“  (Foto: Archiv der Stadt Konstanz)
Sie haben es bereits erwähnt: Die erste Station der Wanderausstellung ist das Sudetendeutsche Haus in München. Bis wann ist sie dort zu sehen und wohin wird sie dann weiter wandern?

„Die Ausstellung beginnt am 10. Juni und wird auch ein Begleitprogramm anbieten. Sie endet hier im Kulturforum in München am 24. Juli. Gewandert ist sie schon zuvor, denn sie war bereits in Bayern in Bayreuth und in Hof, in Bad Boll und auch in Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz. Sie wird aber auch nach Berlin und in andere deutsche Städte wandern.“

Soweit die ersten Veranstaltungen zum 600. Todesjahr von Jan Hus. Über weitere Gedenkfeierlichkeiten, die für den Juli geplant sind, erfahren Sie mehr in der nächsten Ausgabe der Sendereihe Aviso aus München.