Filme schauen, Musik hören und Tschechisch reden

Film ‚Opři žebřík o nebe‘

Zu Ende des Jahres bietet das Tschechische Zentrum in Berlin ein breites Programm, es reicht von Dokumentarfilmen, über Böhmisches Glas bis zu Folk- und Jazzmusik. Genaueres dazu im Interview mit der stellvertretenden Direktorin des Zentrums, Christina Frankenberg.

Marián Kuffa im Film ‚Opři žebřík o nebe‘
Frau Frankenberg, wir beginnen mit dem kommenden Montag. Da heißt es bei Ihnen im Tschechischen Zentrum ja wie immer „Dokumentarfilm“ – in dem Fall von der Regisseurin Jana Ševčíková. Vielleicht können Sie die Regisseurin und den Film ein bisschen vorstellen…

„Das mache ich sehr gerne, weil mir die Filme von Jana Ševčíková gut gefallen. Die Regisseurin hat jetzt vielleicht vier oder fünf Jahre lang nicht gedreht, hat also sehr lange an dem aktuellen Streifen, den wir am Montag vorstellen werden, gearbeitet. Der Titel ist ‚Opři žebřík o nebe‘ oder ‚Lean a ladder against heaven‘. Im Film wird vom Pfarrer Marián Kuffa erzählt, der in der Slowakei tätig ist und dort eine Art Kommune gegründet hat. In dieser nimmt er sich Leuten an, die am Rande der Gesellschaft leben oder von der Gesellschaft ausgestoßen wurden – das sind Alkoholiker, Drogenkranke, Obdachlose oder auch ehemalige Prostituierte. Der Film stammt von 2014 und wurde dieses Jahr mit dem Pavel-Koutecký-Preis ausgezeichnet. Mir gefällt daran ganz besonders, dass Jana Ševčíková dem Pfarrer sehr nahekommt und im übertragenen Sinn einen Blick unter seine schwarze Kutte wirft. Obwohl Marián Kuffa in dem Film eigentlich nie die schwarze Kutte trägt, stellt die Regisseurin den Menschen hinter der Rolle des Pfarrers vor und nicht nur die Leute, um die er sich kümmert. Sie zeigt uns einen Mann mit seinen Zweifeln und Wünschen, mit seinen Entsagungen und Enttäuschungen, der keine ganz so gradlinige Entwicklung hatte.“

Dokumentarfilm Dreamcatcher  (Foto: YouTube)
Dieses Mal gibt es auch einen Doku-Dienstag. Und zwar wegen des One World Festivals in Berlin…

„Das One World Festival Berlin ist sozusagen die kleine Schwester des One World Festivals in Prag. Und dieses Jahr werden wir zusammen mit den Berliner Veranstaltern noch einen zweiten Film zeigen, der eben gleich am Dienstag zu sehen sein wird. Es handelt sich um den Dokumentarfilm Dreamcatcher von Kim Longinotto. Dabei führt uns die Regisseurin nach New York und stellt uns eine ehemalige Prostituierte vor, die sich um Prostituierte von heute kümmert. Die große inhaltliche Klammer, die beide Filme verbindet, sind außergewöhnliche Persönlichkeiten, die sich für andere Leute einsetzen und jenen weiterhelfen, die am Rande der Gesellschaft gelandet sind.“

Foto: Verlag Langenscheidt
Demnächst beginnt die Adventszeit, auch wenn das Wetter dies nicht gerade glauben macht. Und Sie laden am Freitag vor dem ersten Advent Tschechophile und Tschechen zu einem gemeinsamen Tandem-Sprach-Nachmittag. Was ist vorgesehen, und wie kann man sich anmelden?

„Am späten Nachmittag oder frühen Abend des 27. November laden wir zum einen die Teilnehmer unserer Sprachkurse ein, aber dann auch Tschechen, die in Berlin leben, oder Leute, die sich für die tschechische Sprache interessieren. Dabei sollen gar keine Tandem-Sprachkurse stattfinden, sondern es ist eher geplant, dass man zusammenkommt, vielleicht auch einige erste Dinge für Weihnachten bastelt und vor allen Dingen miteinander ins Gespräch kommt. Das große Ziel hinter dem Abend ist, dass unsere Sprachkursteilnehmer die Chance haben, sich mit echten Tschechen zu unterhalten und ihre Sprachkenntnisse also nicht nur in den Kursen mit den Lehrern anzuwenden. Umgekehrt sollen die Tschechen in Berlin auch die Můglichkeit haben, Deutsche zu treffen und vielleicht auch irgendwann einmal Deutsch zu sprechen. Denn wir wissen, dass viele Tschechen, die hier in Berlin leben, eher Englisch nutzen. Anmelden kann man sich über unsere Facebook-Seite, oder man kommt einfach vorbei.“

Foto: Verlag Böhlau
Böhmisches Glas oder Kristall ist ja weltweit ein Begriff. Am 9. Dezember geht es um diese traditionelle Branche der tschechischen Industrie bei einem Diskussionsabend im Tschechischen Zentrum. Wer wird dort auf dem Podium sitzen?

„An diesem Abend, der in englischer Sprache stattfinden wird, geht es vor allem um die Zukunftsaussichten für tschechisches Glas. Wir wollen also nicht in die Vergangenheit schauen, sondern eher gucken, was modernes Design in der Zukunft an Potenzial hat. Und wir werden Gäste aus Tschechien und aus Deutschland haben. Eingeladen sind Tulga Bayerle, die Direktorin des Kunstgewerbemuseums Schloss Pillnitz, das Teil der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ist. Dann wird aus Prag Helena Königsmarková kommen, sie leitet das dortige Kunstgewerbemuseum. Aus Deutschland wird noch Verena Wasmuth dabei sein, sie ist Kuratorin und Konsultantin für Konservation von Glas, sie hat eine Publikation mit dem Titel ‚Tschechisches Glas – künstlerische Gestaltung im Sozialismus‘ herausgebracht. Und nicht zuletzt wird Ladislav Pflimpfl aus Prag anreisen. Er ist der Direktor von Ziba, das ist ein in Gründung befindliches Museum für zeitgenössische Glaskunst, das 2017 in Prag eröffnen soll.“

Sundays on Clarendon Road  (Foto: YouTube)
In diesem Herbst haben Sie mit Wilhelmstraße/unplugged eine neue Veranstaltungsreihe gestartet. Die zweite Band, die nun in der Galerie des Tschechischen Zentrums auftritt, nennt sich „Sundays on Clarendon Road“. Es handelt sich um eine Newcomer-Band. Welche Musik machen sie?

„Es handelt sich um ein Duo – zwei Prager Jungs, die Indie-Folk machen. Sie haben früher wirklich nur akustisch gespielt, sind mit ihren Gitarren durch die Vororte von Prag gestreift und haben dabei schon ihre ersten Songs geschrieben. Inzwischen haben sie in diesem Jahr ihr zweites Album veröffentlicht. Dabei ist Jonáš Zbořil für den Gesang verantwortlich, Jan Tůma spielt Gitarre, und dann nutzen sie auch noch einen Laptop für die elektronische Untermalung des Ganzen. Man kann sich das als Indie-Folk vorstellen, der aber mittlerweile mehr elektronische Elemente hat als früher.“

Emil Viklický  (Foto: Vítězslav Janda  (ARTA),  CC 3.0)
Und den Computer dürfen sie aber auch bei der Unplugged-Session anschließen?

„Ja klar, den dürfen sie auch nach Berlin mitbringen.“

Wir bleiben bei der Musik: Das Tschechische Zentrum unterstützt am 14. Dezember zudem den Auftritt von einem der wichtigsten derzeitigen Jazzmusiker aus Tschechien…

„Am 14. Dezember wird Emil Viklický, der große Klaviervirtuose des tschechischen Jazz, zusammen mit seinem Grand Moravia Trio im Berliner Club b-flat spielen. Viklický, Tomáš Hobzek am Schlagzeug und Petr Dvorský am Bass werden ein Programm mit eigenen Kompositionen vorstellen, es wird aber auch Bearbeitungen mährischer Volkslieder und von Kompositionen Leoš Janáčeks beinhalten. Wir dürfen uns also auf einen sehr abwechslungsreichen Abend freuen.“

Foto: Verlag Odeon
Last but not least wollen Sie noch auf einen Übersetzungswettbewerb hinweisen, wie Sie mir gesagt haben. Worum geht es dabei?

„Die Tschechischen Zentren schreiben in diesem Jahr bereits zum dritten Mal einen Übersetzungswettbewerb aus, der seit dem vergangenen Jahr den Namen von Susanna Roth trägt, der großen Schweizer Übersetzerin, die leider aber gestorben ist. Dieser Wettbewerb richtet sich an angehende Übersetzer bis 40 Jahre. Und die sind jedes Jahr und auch in diesem Jahr wieder aufgerufen, einige Passagen aus einem aktuellen Werk eines jüngeren tschechischen Autors ins Deutsche zu übersetzen. Wer die beste Übersetzung vorlegt, darüber entscheidet eine Jury, die aus Übersetzern sowie weiteren Bohemisten und Fachleuten besteht. Der- oder diejenige wird die Möglichkeit haben, im kommenden Jahr nach Tschechien reisen zu können und dort an einem Seminar für Bohemisten teilzunehmen. In diesem Jahr stammt der Text von Anna Bolavá, und zwar handelt es sich um Passagen aus ihrem Debüt ‚Do tmy‘. Die Ausschreibung steht im Moment noch nicht auf unserer Homepage, wird dort aber bis zum Ende der Woche zu finden sein.“

Autor: Till Janzer
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