Berlin goes Leipzig: Tschechische Autoren bei Buchmesse und Weiteres

Foto: Verlag Akropolis

Das Tschechische Zentrum Berlin ist diesmal auch in Leipzig zu finden, nämlich bei der Buchmesse. Für die weiteren Veranstaltungen bleibt aber die Bundeshauptstadt die Bühne. Mehr zum Programm des Zentrums bis zum Frühlingsbeginn im Interview mit der stellvertretenden Leiterin der Institution, Christina Frankenberg.

Marek Toman  (Foto: David Vaughan)
Frau Frankenberg, eines der wichtigsten kulturellen Ereignisse in den kommenden Wochen mit tschechischer Beteiligung ist die Buchmesse in Leipzig. Der Termin ist 12. bis 15. März. Und eigentlich muss ich sagen, dass ich jetzt gar nicht so recht weiß, bei wem ich beginnen soll. Über Jan Němec haben wir allerdings schon beim vergangenen Mal gesprochen. Deswegen nenne ich mal den Namen Marek Toman…

„Wir, das Tschechische Zentrum Berlin, werden gemeinsam mit dem Kulturministerium der Tschechischen Republik in Leipzig auf der Messe vier AutorInnen vorstellen. Marek Toman ist einer von ihnen. Er präsentiert sein neues Buch ‚Die ungeheuerliche Nachricht vom entsetzlichen Mord an Simon Abeles‘. Es ist leider noch nicht auf Deutsch erschienen, somit wurde für die Leipziger Messe eine Probe-Übersetzung angefertigt. Dieser Roman führt uns auf einer von zwei Erzählebenen in das Prag des 17. Jahrhunderts. Damals ist der bereits im Titel erwähnte Simon Abeles eigentlich eines natürlichen Todes gestorben. Er war ein Junge aus einer jüdischen Familie, der mit dem Gedanken spielte, zum Christentum zu konvertieren. Als er starb, wurde sein Vater des Mordes an seinem Sohn angeklagt, und aus Simon wurde ein Märtyrer gemacht. Auf der anderen Erzählebene führt der Roman in die heutige Zeit. Dabei geht es um den Anthropologen Ladislav Albrecht, der mit dieser Untersuchung aus dem 17. Jahrhundert beschäftigt ist, beziehungsweise das Grab finden und rekonstruieren soll. Ladislav Albrecht hat selbst Schwierigkeiten mit seinem Sohn Šimon, der Computerspielen verfallen ist. So erzählt Marek Toman in seinem Roman ähnliche Geschichten einer Vater-Sohn-Beziehung mit dem Unterschied von drei Jahrhunderten. Er zeigt viel Gemeinsames auf, findet aber auch Dinge, die sich im Laufe der drei Jahrhunderte entwickelt haben.“

Tereza Riedlbauchová  (Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums Berlin)
Etwas jünger als Marek Toman ist Tereza Riedlbauchová. Wenn wir die Reihenfolge der Auftritte bei der Buchmesse nehmen, dann wird sie als Nächstes lesen. Was ist zu ihr zu sagen?

„Tereza Riedlbauchová ist eine junge Dichterin aus Prag. Sie stellt auf der Leipziger Buchmesse ihre inzwischen fünfte Gedichtsammlung vor, mit dem Titel ‚Das Pariser Tagebuch‘. In diesem Tagebuch erzählt sie zum einen von ihren Erlebnissen und Eindrücken aus Paris, wo sie eine Zeit lang gelebt und an der Sorbonne unterrichtet hat. Zum anderen verwebt sie in diesem Tagebuch auch Traumsequenzen und Vorstellungen. Diese Gedichtsammlung ist in zwei Teile geteilt. Ein Teil heißt ‚Schwarzer Schwan im Spiegel‘ und enthält eher düstere und bange Gedichte, und der andere Teil trägt den Namen ‚Weißer Schwan‘ und enthält Gedichte, die durchstrahlt sind von der Landschaft und den Städten in Frankreich und auch von Leidenschaft und Liebe.“

‚Kur-Abenteuer‘  (Foto: Verlag Akropolis)
Roman Ráž werden Sie ja selbst in Leipzig vorstellen. Mir sagt der Autor, muss ich gestehen, nichts. Da möchte ich auch bitten, ein bisschen etwas über ihn zu sagen…

„Roman Ráž ist der älteste unter den Autoren, die wir in Leipzig vorstellen. Er ist Jahrgang 1935 und wird somit dieses Jahr 80 Jahre alt. Er stellt seinen Roman ‚Kur-Abenteuer‘ vor. Dieser Titel ist ein bisschen irreführend. Man darf sich darunter nicht vorstellen, dass es dabei um einen Kurschatten oder Ähnliches geht, sondern Ráž beschreibt die Zeit des Ersten Weltkrieges. Dieser Roman erzählt die Geschichte der Großmutter von Roman Ráž nach. Er führt uns nach Mähren in einen damals neu gegründeten tschechischen Kurort und begleitet die Familie der Großmutter, die damals noch eine junge Frau war durch die Wirren des Weltkrieges. Diese Familie ist auch dabei, als die erste Tschechoslowakische Republik gegründet wird. Roman Ráž erzählt dabei zum einen die große historische Geschichte und zum anderen eigentlich hauptsächlich diese Familiengeschichte. Im Hintergrund passieren all diese politischen Ereignisse, die wir alle kennen. Der Band ‚Kur-Abenteuer‘ ist der erste Band einer geplanten Trilogie, die sich mit dem ganzen Jahrhundert beschäftigen soll.“

Jiří Kovanda: Meine Lieblingsfarbe  (Foto: Archiv des Kunsthauses der Stadt Brünn)
Nicht in Leipzig, sondern bei Ihnen im Zentrum in Berlin wird am 11. März eine Ausstellung eröffnet. Zu sehen ist das Werk Jiří Kovandas. Vielleicht können Sie den Künstler unseren Hörern ein bisschen vorstellen…

„Jiří Kovanda ist durch seine Konzeptkunst, seine Performances und seine Malerei bekannt. Er ist Jahrgang 1953, und in diesem Jahr ist er Gast des Künstlerprogramms des Deutschen Akademischen Austauschdienstes hier in Berlin. Das ist auch der Grund, weshalb wir seine Ausstellung in Berlin zeigen. Diese Ausstellung wurde von den zwei französischen Kuratoren Guillaume Désanges und François Piron zusammengestellt. Es handelt sich also um ein internationales Projekt und wird auch unterstützt vom Regierenden Bürgermeister von Berlin. Die Ausstellung war bereits in Paris, Amsterdam, Barcelona und Prag zu sehen. Wir zeigen Reproduktionen von Jiří Kovandas Fotografien von Performances. Die Ausstellung stellt sein Werk vor und konfrontiert die Besucher aber auch mit Einfällen und Techniken, die zu anderen Zeiten und an anderen Orten entstanden sind. Man hat also auch das Element der Konfrontation in der Ausstellung. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass die Ausstellung am 11. März bei uns eröffnet wird, sie ist dann bis zum 8. Mai zu sehen. Seit Januar ist unsere Galerie ‚TZB‘ auch sonnabends geöffnet, und zwar zwischen 14 und 18 Uhr.“

Emil Viklický  (Foto: Vítězslav Janda  (ARTA),  Wikimedia CC 3.0)
Auch in Berlin, aber nicht direkt bei Ihnen im Zentrum gibt es bereits am 1. März Jazzmusik zu hören. Es kommt der renommierte Pianist Emil Viklický mit seinem Trio, und er schlägt einen Bogen zu volkstümlichen Klängen aus seiner Heimat. Geboren ist er übrigens im mährischen Olmütz…

„Emil Viklický hat ein neues Ensemble namens ‚Grand Moravia Trio‘ gegründet. Wie Sie bereits sagten, stammt Viklický aus Mähren, und er hat sich bei dem Programm, das er in Berlin vorstellen wird, sehr von volkstümlicher mährischer Musik inspirieren lassen. Er findet für sein Programm Kombinationen aus mährischer Volksmusik und Elementen des Jazz. Diese arrangiert er in einer Kombination von traditioneller und moderner Ästhetik. Viklický selbst wird, wie üblich, am Klavier sitzen, am Bass begleitet ihn Petr Dvorský und entweder Cyril Zeleňák oder Tomáš Hobzek am Schlagzeug. Am 1. März ab 21 Uhr im Club b-flat kann man das Ganze erleben.“

Tomáš Jelínek  (Foto: ČT24)
Für einige unserer Hörer könnte auch noch ein weiterer Termin interessant sein. Und zwar eine Konsultation mit dem tschechischen Ko-Vorsitzenden des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, Tomáš Jelínek. Worum wird es dabei gehen?

„Diese öffentliche Konsultation findet bei uns am 17. März statt, und zwar von 16 bis 18 Uhr. Diese Veranstaltung trägt den Titel ‚Was Sie immer schon über den Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds wissen wollten (und sich nicht zu fragen trauten).‘ Dieser Event richtet sich vor allen Dingen an Veranstalter von tschechischen oder deutsch-tschechischen Kulturprogrammen oder Projekten in Berlin und Umgebung. Tomáš Jelínek wird hier in Berlin im Tschechischen Zentrum das Antragsverfahren vorstellen und auch alle Fristen, die zu beachten sind. Anschließend wird es sehr viel Platz für künftige Antragssteller geben, gemeinsam mit ihm konkrete Fragen zu ihren Projekten zu besprechen. Es ist also eher eine Veranstaltung für die Fachöffentlichkeit. Aber wir merken in unserer täglichen Arbeit, dass es doch recht viele Veranstalter hier in der Umgebung gibt, die mit dem Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds zusammenarbeiten. Und ich denke, für sehr viele von ihnen wir das eine gute Gelegenheit sein, die Antragsverfahren besser verstehen zu lernen.“

Autor: Till Janzer
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