89 und die Folgen: Eine Diskussion im Tschechischen Zentrum Wien

Umbruch von 1989 (Foto: Gampe, CC BY 3.0)

Wie hat die politische Wende von 1989 die Biographie junger Tschechen und Slowaken beeinflusst? Diesem Thema widmet sich das Tschechische Zentrum in Wien demnächst in einer Podiumsdiskussion. Zu Jahresbeginn kann man dort außerdem Elias und seiner Oma und dem schillernden Fotografen Jan Saudek begegnen – zumindest literarisch und filmisch. Und Karl IV. darf im Jubiläumsjahr auch nicht fehlen. Der Leiter der Einrichtung, Martin Krafl, gibt einen Überblick zum Programm.

Umbruch von 1989  (Foto: Gampe,  CC BY 3.0)
Vor 25 Jahren wurde die Visegrád-Gruppe gegründet, das politische Bündnis von Tschechien, Ungarn, Polen und der Slowakei. Zum Anlass dieses Jubiläums hat das Tschechische Zentrum eine Zeitzeugendiskussion zum politischen Umbruch von 1989 geplant. Dabei sind Sie ausnahmsweise nicht nur der Veranstalter sondern selbst ein Zeitzeuge...

„Das stimmt. Wir haben einen runden Tisch organisiert. Dort werden Gäste sitzen die an das Jahr 1989 erinnern werden. Wir möchten einfach wissen: Wie war’s? Und was wurde daraus? Das Jahr 1989 brachte das Ende der bipolaren Welt in Europa und eine radikale Wende in den Leben unzähliger Menschen.“

Ondřej Liška  (Foto: Tomáš Adamec,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Wer wird an diesem Tisch sitzen?

„Ondřej Liška, der ehemalige tschechische Schulminister, der slowakische Schriftsteller Michal Hvorecky und ich. Aber nicht als Direktor des Tschechischen Zentrums, sondern als ehemaliger Student, der 1989 auf dem Wenzelsplatz war und als ehemaliger Direktor des Pressedienstes von Präsident Václav Havel. Die Veranstaltung findet im Rahmen des Begleitprogramms zur Ausstellung ‚Visegradkarma – Der Weg zur Demokratie‘ in der Galerie des Tschechischen Zentrums statt. Die Ausstellung zeigt Plakatkunst aus Tschechien, Polen, der Slowakei und Ungarn. Sie gibt Einblick in die Ära, in der die kommunistischen Regime zusammengebrochen sind.“

Martin Krafl  (Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums Wien)
Noch einmal zurück zur Zeitzeugendiskussion: Es geht auch darum, inwiefern dieser Zusammenbruch die Biographien beeinflusst hat – bei Ihnen ja auch ganz gravierend.

„Genau. Mir hat sich damals wirklich die Welt geöffnet. Ich habe aber 1989 noch gar nicht geahnt, dass ich sechs Jahre später für den tschechischen Präsidenten Václav Havel arbeiten werde. Dank 1989 lebe ich mittlerweile schon das neunte Jahr außerhalb Tschechiens. Gerade in meinem Fall war das sehr wichtig.“

Mit Michal Hvorecký haben sie auch die slowakische Perspektive mit dabei...

„Genau. Das war die Idee des Moderators des Abends, Gerald Schubert von der Tageszeitung ‚Der Standard‘.“

Iva Procházková  (Foto: Ivan Pokorný,  Archiv des Tschechischen Zentrums)
Das Ganze am 28. Januar im Tschechischen Zentrum in der Wiener Herrengasse. Gleich am Tag darauf, am 29. Januar, haben Sie etwas für eine vielleicht etwas andere Zielgruppe geplant: Die Kinderbuchautorin Iva Procházková zu Ihnen. Könnten Sie sie etwas näher vorstellen?

„Iva Procházková lebte lange Zeit in Deutschland. Sie spricht wunderbar deutsch, und deshalb haben wir sie in die internationale Buchhandlung Fabelwelt in Wien eingeladen. Sie wird in einer bilingualen Veranstaltung aus ihrem Werk lesen. Iva Procházková schreibt seit vielen Jahren auch für Kinder und Jugendliche. Ihre Romane wurden unter anderem für die Hans-Christian-Andersen-Medaille und den katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis nominiert.“

Foto: Verlag Sauerländer
Nun wird sie ein bestimmtes Buch vorstellen. Wovon handelt es?

„Iva Procházková wird ihr bekanntes Buch ‚Elias und die Oma aus dem Ei‘ vorstellen. Worum geht’s? Elias sehnt sich danach, dass seine Eltern mehr Zeit für ihn haben. Eines Nachmittags findet er ein Ei im Matsch, etwas größer als ein Hühnerei. Elias trifft heimlich Vorbereitungen, damit das Küken schlüpfen kann. Doch zu seiner Überraschung muss er feststellen, dass kein Vogel herauskommt, sondern ein winziges menschliches Wesen. Und das Wesen entpuppt sich als seine Oma.“

Von Zeitgeschichte und Kinderliteratur kommen wir zum Film. Fotografie im Film, genauer gesagt. Am 8.Februar gibt es wieder eine Vorführung im Kinosaal der Tschechischen Botschaft. Was steht auf dem Programm?

„Wir haben für Anfang Februar den Film Fotograf von Irena Pavlásková vorbereitet. Die Regisseurin wird vor Ort in Wien sein und steht im Anschluss für ein Filmgespräch zur Verfügung. Es ist ein schrilles und fesselndes Drama inspiriert vom turbulenten Leben des berühmt-berüchtigten Aktfotografen Jan Saudek. Der Film zeigt ihn in all seiner schillernden Buntheit, seine Leidenschaft, sein Talent, seine Kreativität und seinen Sinn für die Absurdität des menschlichen Daseins. Und genauso seinen ordinären Humor, seinen exaltierten Lebensstil, seine Überheblichkeit und seine Obsessionen. Den Film zeigen wir in Kooperation mit dem Kulturklub der Tschechen und Slowaken in Österreich und mit der tschechischen Botschaft unter der Schirmherrschaft von Botschafter Jan Šechter.“

Karl IV.  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag)
Derzeit sind Sie aber auch ganz intensiv beschäftigt mit einem großen Jubiläumsjahr: Der 700. Geburtstag von Kaiser Karl IV. wird nicht nur in Tschechien begangen. Was haben Sie in Wien geplant?

„Wir haben lange überlegt. Wie sollen wir den Österreichern Karl IV. vorstellen und näherbringen? Schließlich haben wir zusammen mit der Agentur CzechTourism in Wien und Benelux und mit meinen Kollegen aus dem Tschechischen Zentrum Den Haag / Rotterdam ein eigenes Projekt vorbereitet. Es ist eine Fotoausstellung basierend auf einem Fotowettbewerb. Das Thema lautet ‚Persönliche Momente mit Karl IV. in der Tschechischen Republik‘. Dieser Fotowettbewerb wird in Österreich, in der Schweiz und in den Niederlanden stattfinden. Zielgruppe des Wettbewerbs sind Laien und professionelle Fotographen, die älter als 18 Jahre sind und jeweils ein Foto zum Thema einsenden. Das breitgefasste Thema lässt es offen, ob es sich um Portraits, Landschafts- oder Architekturfotografie handelt. Die Interessenten sollen bei Besuchen in der Tschechischen Republik persönliche Momente mit Karl IV. festhalten. Eine Jury aus drei Personen wird die eingereichten Werke hinsichtlich Originalität und fotografischer Qualität beurteilen. Sie wählt aus allen Einsendungen etwa 15 bis 20 Werke aus. Diese werden dann gedruckt und in Ausstellungen in Wien, Bern und Den Haag gezeigt. Den Wettbewerb werden wir im März dieses Jahres ausschreiben.“

Dann gibt es auch alle Informationen auf der Website.

Genau, und in den sozialen Netzwerken.


Weitere Informationen unter http://wien.czechcentres.cz

Autor: Annette Kraus
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