Thomas Mann: Bildung ist eine spezifisch deutsche Idee

Thomas Mann

1936 kam Thomas Mann nach Prag zu Besuch. Mehr darüber könen Sie in diesel Ausgabe unserer Sendereihe „Aus dem Tonarchiv“ hören.

„Bei meinen verschiedenen Aufenthalten in Prag hatte ich ja Gelegenheiten, mich mit diesen musterhaften Einrichtungen bekannt zu machen – Einrichtungen, die die große und schöne Möglichkeit bieten, weiten Kreisen der Bevölkerung geistiges Gut, Bildungsgut auf freie und genussreiche Weise zugänglich zu machen.“

Der Nobelpreisträger für Literatur Thomas Mann auf der Aufnahme vom Oktober 1936. Er ist in Prag zu Besuch, im Vorlesungssaal des Volksbildungshauses Urania. Und er spricht von den Bildungseinrichtungen der Urania – einem deutschen Haus, das 1917 gegründet wurde.

Popularisierende Vorträge für alle, das war die Hauptbeschäftigung der Urania. Sie hat sich auch gründlich dem neuen technischen Wunder – dem Rundfunk – gewidmet. Die Urania hat übrigens seit 1925 auch die erste deutsche Rundfunksendung in der Tschechoslowakei betreut.

„Wir alle kennen die ungeheuere Rolle, die das Technische in modernem Leben spielt. Und wir kennen auch die Gefahren für die höhere – oder besser gesagt – tiefere Gesittung, die sich aus dieser beherrschenden Rolle ergeben. Es sind Gefahren der Verflachung, der seelischen Primitivisierung und Verrohung. Gefahren, denen besonders unsere Jugend in hohem Grade ausgesetzt ist und die wohl die Besorgnis jedes Menschen erregen können, dem ‚Kultur’ noch ein verehrungswürdiger Begriff geblieben ist.“

Das ist die Warnung des Schriftstellers Thomas Mann. Er würde die gleiche Warnung sicher auch in heutiger Zeit aussprechen. Denn die Entwicklung der Technik rast noch schneller voran als damals. Und was ist der Schutz vor Verflachung, Primitivisierung? Bildung, so die Antwort von Thomas Mann.

„Im Begriff der Volksbildung, meine Damen und Herren, in dieser Wortverbindung liegen zwei Elemente beschlossen, die eigentlich das Programm der Urania ausmachen und ihr die geistige Prägung geben – es ist das Demokratische und das Deutsche. Denn Bildung darf man – so wenig das deutsche Volk diese vor anderen Völkern voraushat und voraushaben will – doch als eine spezifisch deutsche, als eine Lieblingsidee der deutschen Nation bezeichnen. Unter dem Schutz und der wohlwollendsten Förderung der Tschechoslowakischen Republik und ihrer Führer hat dieses deutsche Bildungsinstitut sich mit Klugheit und Loyalität einzufügen gewusst in das Kulturleben eines Staates, in dem noch Demokratie einst edlen und echten Sinnes herrscht, nach dem Willen und Geist seiner Schöpfer, des Altpräsidenten Masaryk und seines Nachfolgers Eduard Beneš.“