1952: Gottwald zu Besuch in Berlin – mit der Stalin-Note im Hintergrund

Klement Gottwald und Wilhelm Pieck (rechts) Foto: ČTK

Vor 57 Jahren veröffentlichte die Sowjetunion eine diplomatische Note, die als Stalin-Note in die Geschichte eingegangen ist. Am selben Tag ist der tschechoslowakische Staatspräsident Klement Gottwald zu Besuch bei DDR-Staatspräsident Wilhelm Pieck in Berlin. Eine Aufnahme mit den Reden beider Staatschefs ist in den Archiven des Tschechischen Rundfunks erhalten geblieben.

Klement Gottwald und Wilhelm Pieck  (rechts) Foto: ČTK
10. März 1952 – Wilhelm Pieck empfängt den „lieben Genossen“ Klement Gottwald auf Schloss Schönhausen. Wichtigste Themen sind die Nachkriegsordnung und eine Wiederannäherung von Tschechoslowaken und Deutschen nach Nazi-Besatzung und Zweitem Weltkrieg. Pieck schildert unter anderem seine Eindrücke, als er im Herbst des Vorjahres in Prag zu Besuch war:

„Ich empfand in tiefer Dankbarkeit, dass die Menschen der Tschechoslowakischen Republik, denen die faschistischen deutschen Okkupanten so unermessliches Leid zugefügt haben, das deutsche Volk nicht mit den Hitler-Barbaren gleich stellen.“

Das sei die Basis für weitere Annäherung, wie Pieck sagt. Den Anfang hatten beide kommunistischen Länder bereits 1950 mit einem gemeinsamen Abkommen gemacht, das die Nachkriegs-Grenzen festschrieb. Prag und Berlin mussten sich bei jedoch bei der Aussöhnung an die sowjetischen Vorgaben halten. Genau am Tag des Treffens in Schönhausen veröffentlichte Stalin seine diplomatische Note. Es war der Entwurf eines Friedensvertrags mit Deutschland für die Westmächte. Heute sagen die Historiker, dass es Stalin nicht so sehr um Frieden ging, vielmehr wollte der sowjetische Regierungschef damit die Westintegration der Bundesrepublik verhindern. Doch Pieck spricht an diesem Tag von „einer großartigen Friedensinitiative der Sowjetunion“. Dann ergreift Klement Gottwald das Wort – auch der tschechoslowakische Präsident lobt die Stalin-Note, und das in bestem Deutsch:

J.V. Stalin und K. Gottwald
„Das tschechoslowakische Volk unterstützt lebhaft die gerechten Bestrebungen des Volkes der Deutschen Demokratischen Republik und aller ehrlicher Deutscher in Westdeutschland für den beschleunigten Abschluss eines Friedensvertrages, für die Vereinigung Deutschlands auf der Grundlage des Friedens und der Demokratie.“

Dieser Gleichklang der Meinungen, dirigiert von Moskau, setzt sich im weiteren Redebeitrag fort. Gottwald geht dabei auch auf die gemeinsamen Beziehungen ein:

„Genosse Präsident, mit Recht haben Sie die Bedeutung Ihres kürzlich erfolgten Besuches in der Tschechoslowakischen Republik hoch gewertet. Er war tatsächlich ein großes und neues Ereignis in der Geschichte unserer Völker. Ihr Besuch mit der Delegation der Deutschen Demokratischen Republik in der Tschechoslowakei war ein freudiger Beweis, dass für immer die Zweitracht und das Misstrauen verschwunden sind, die Jahrhunderte zwischen unseren Völkern herrschten.“

Gottwald spricht zudem über das Handelsabkommen, das beide Staaten mittlerweile geschlossen haben. Den Schlussakkord widmet er jedoch seinem Gastgeber – in Form eines Toasts:

„Es lebe die Deutsche Demokratische Republik und ihr Präsident, mein teurer Freund Wilhelm Pieck!“

Die versammelten Staatsdelegierten klatschen eifrig – Gottwald setzt aber noch einen drauf:

„Und es lebe der Mann, der uns allen am teuersten ist – es lebe Stalin!“

Autor: Till Janzer
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