Vom Nachtclub zum Museum: Die Synagoge von Ckyne

Synagoge in Ckyne (Foto: www.synagoga-ckyne.cz)

In Südböhmen gab es jahrhundertelang zahlreiche jüdische Gemeinden, die während des zweiten Weltkriegs der nationalsozialistischen Verfolgung ausgesetzt waren. An die lange Geschichte der südböhmischen Juden soll in Zukunft ein regionales jüdisches Museum in Ckyne erinnern. Ein ganzes Dorf beteiligt sich daran.

Zentrum des jüdischen Lebens war seit Jahrhunderten Prag, wo der Sitz des Oberrabbiners war. Die Prager jüdische Gemeinde war die größte in Böhmen und deshalb wurde sie durch eine eigene Verwaltung organisiert. Als Folge mehrerer Pogrome und Vertreibungen von Juden gab es jedoch auch eine ländliche jüdische Besiedlung, in Südböhmen in fast allen größeren Gemeinden. Das Zusammenleben mit der christlichen Mehrheit war, von vereinzelten Konflikten abgesehen, meistens problemlos. Es ist zum Beispiel belegt, dass seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Katholiken und Juden in bestimmten Gemeinden die Gottesdienste der jeweils anderen Glaubensgemeinschaft besuchten und auch die Teilnahme an den Hochzeiten oder Begräbnissen der andersgläubigen Nachbarn üblich war. Leider waren gerade diese ländlichen Juden am stärksten der Verfolgung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Sie waren nicht so reich, als dass sie rechtzeitig ins Ausland hätten flüchten können. In Südböhmen ist die jüdische Besiedlung vollständig untergegangen und auch die einstmals zahlreichen Synagogen wurden zerstört. Und die wenigen bis heute erhaltenen Objekte werden nicht so gepflegt, wie es nötig wäre, erzählt der Historiker Jiri Podlesak:

"Meiner Erfahrung nach ist zu wenig Wille da, die Überreste der jüdischen Kultur zu retten. Das Problem hängt sicher damit zusammen, dass dort keine jüdische Gemeinschaft mehr lebt. Ich schätze, dass in der ganzen Region höchstens zehn alte Leute jüdischer Herkunft leben. Es gelingt einigermaßen, die Friedhöfe zu pflegen - das ist vor allem der Prager jüdischen Gemeinde zu verdanken. Mit den Synagogen ist es leider schlechter bestellt: Falls sie den Krieg überstanden haben, gibt es doch niemanden mehr, der dort beten würde. Einige von ihnen wurden von der protestantischen Kirche übernommen, andere wurden völlig zweckentfremdet. So zum Beispiel die ehemalige Synagoge im Städtchen Volyne: Nach dem Krieg wurde sie in ein Kino ungewandelt, später diente sie als Lagerhaus. Nach der Wende 1989 ging sie in private Hände über und der Eigentümer errichtete dort zunächst einen Second-Hand-Laden, später sogar eine Diskothek mit Nachtclub. Das Gebäude hat einen Wert von vielen Millionen Kronen und niemand hat so viel Geld, um es zu kaufen."

Die ehemalige Synagoge in Ckyne wurde 1990 vom Gemeindeamt übernommen und zugleich entstand ein Plan, das Objekt zu renovieren. Es ist gelungen, ein neues Dach zu installieren, dann aber ging das Geld aus und die Gemeinde verlor ihre anfängliche Begeisterung. Gerade in dieser ehemaligen Synagoge plant jetzt eine Bürgerinitiative, ein regionales jüdisches Museum zu errichten. Das Gebäude wurde 1828 erbaut und gehörte zu den größten und schönsten Synagogen der südböhmischen Region. Die weitere Geschichte der Synagoge verlief jedoch nicht mehr so günstig, erklärt Jiri Podlesak, der sich für die Renovierung der ehemaligen Synagoge engagiert:

"Für Gottesdienste diente die Synagoge bis Ende des 19. Jahrhunderts, bis zum ersten Weltkrieg wurde dann dort nur noch gelegentlich gebetet. In diesem Zeitraum wurde nämlich der Sitz der jüdischen Gemeinde in die nahe gelegene Stadt Winterberg / Vimperk verlegt, wo zu dieser Zeit mehr Juden lebten. Anfang der 1920er Jahre wurde das Gebäude an die Familie Spaninger verkauft und in ein Wohnhaus mit Werkstatt umgewandelt. Nach dem zweiten Weltkrieg diente das Objekt als Lagerhaus und kam dabei herunter. 1990 begann die Renovierung. Alle Teile des Gebäudes, die erst im Laufe der Zeit angebaut wurden und nicht zum Original gehörten, riss man ab. Darum erinnert das Gebäude jetzt eher an eine verlassene Fabrikhalle als an ein Gotteshaus."

Momentan hat das Gebäude schon ein neues Dach, neue Fenster und eine renovierte Decke. Der Bürgerinitiative gelingt es, viele Freiwillige für den Umbau zu gewinnen, wodurch die Baukosten niedrig gehalten werden. Das Objekt wurde bereits teilweise in Betrieb genommen, verrät Jindra Bromova von der Initiative.

"Es war herrlich, dass viele junge und alte Leute kamen, um gemeinsam zu arbeiten. Das Geröll haben wir mit Karren weggeschafft und neues Baumaterial angeliefert. Die Maurer unter uns haben das Gebäude dann verputzt. Am Ende gab es zur Feier eine Ausstellung im renovierten Gebäude - man zeigte alte Photos aus der Gemeinde und der Umgebung. Es freut uns sehr, dass fast alle Bewohner die Ausstellung gesehen haben, manche von ihnen sogar mehrmals. Damit ist die ehemalige Synagoge wieder ins Leben der Gemeinde eingegliedert - früher wussten viele Leute gar nichts von ihr und sagten: Lasst uns die Ruine abreißen und stattdessen neue Wohnungen einrichten."

Bei der weiteren Renovierung verlässt sich die Initiative jetzt auf die Hilfe der EU-Fonds. Einen großen Anteil hat auch der deutsche Unternehmer Hermann Löffler geleistet, der am Rande der Gemeinde eine Fabrik besitzt. Es gibt schon eine genaue Vorstellung über die künftige Nutzung des Gebäudes. Dazu Jiri Podlesak.

"Wir beabsichtigen im Hauptoratorium eine Dauerausstellung einzurichten, die das einstige jüdische Leben im Südböhmen zeigt. Das Winteroratorium soll zwei Funktionen haben: es wird einerseits als Konzerthalle mit einer kleinen Orgel fungieren und zugleich als Betraum dienen. Es gibt nämlich in ganz Südböhmen keine religiös genutzte Synagoge. Ab und zu kommen aber jüdische Besucher aus dem Ausland, denen bisher kein Gotteshaus zur Verfügung steht. Darüber hinaus ist eine Bibliothek geplant sowie eine Dauerausstellung für bildende Kunst. Wir haben schon eine große Menge an Gemälden, was es uns ermöglicht, diesen Plan in die Tat umzusetzen."

Wenn alles ohne Schwierigkeiten abläuft soll das Museum nächstes Jahr eröffnet werden. Es ergänzt dann das Museum im Böhmerwälder Dorf Hartmanice / Hartmanitz, das die Geschichte der Juden in Westböhmen nachzeichnet.

Autor: Jakub Šiška
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