Die Kinderoper Brundibar

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Vor über sechzig Jahren, am 23. September 1943, hatte die Kinderoper Brundibar von Hans Krasa im Ghetto Theresienstadt Premiere. Nun erlebte die Oper eine Wiederaufführung im Festsaal der jüdischen Gemeinde in Prag in einer Darbietung von Schülerinnen und Schülern der deutsch-tschechischen Grundschule der Verständigung und des Thomas Mann-Gymnasiums in Prag. Katrin Bock verfolgte das Projekt.

Die Kinderoper Brundibar erlebte zwischen September 1943 und Herbst 1944 in Theresienstadt rund 50 Aufführungen - dann wurden die meisten ihrer Kinderdarsteller nach Auschwitz deportiert. Nur wenige von ihnen erlebten das Kriegsende. Auch ihr Komponist, Hans Krasa, kam in den Gaskammern um. Die Kinderoper Brundibar, in der die Kinder Pepicek und Aninka den bösen Drehorgelspieler Brundibar mit Hilfe von anderen Kindern und Tieren besiegen, lebt jedoch bis heute - in vielen Ländern und Sprachen ist sie zu hören und zu sehen. Zur Aufführung der deutsch-tschechischen Grundschule der Verständigung und des Thomas Mann-Gymnasiums im Festssaal der Prager jüdischen Gemeinde kam Ende Oktober auch Greta Klingsberg-Hofmeister, die in Theresienstadt die Aninka gesungen hat. Greta Klingsberg-Hofmeister überlebte Theresienstadt und Auschwitz und wanderte 1946 nach Palästina aus. Bis heute lebt die 1929 in Wien geborene Sängerin in Jerusalem. In Prag erinnerte sie an die Bedeutung dieser Oper:

"Es ist eine der wenigen Sachen in der Musikliteratur, die nicht für Kinder, sondern nur von Kindern gespielt wird. Es gibt nicht eine Rolle eines erwachsenen Menschen dort. Die Erwachsenen werden von Kindern gespielt, dass ist schon sehr schön. Und es ist eine wirklich schöne Musik. Es ist eine Musik so zwischen Weil und Stravinsky, es klingt gut, man konnte es nachsingen. Und wenn du auf der Strasse gingst, dann hast du es pfeifen gehört aus dem Brundibar."

In der Grundschule der deutsch-tschechischen Verständigung findet eine der vielen Proben unter der Regie der Deutschlehrerin Hana Napravnikova statt.

Wie haben Sie die Kinder gefunden? Konnte jeder mitmachen, der wollte, oder haben Sie vorher Gesangsproben oder so etwas gemacht?

Hana Napravnikova: "Also Gesangsproben nicht. Aber wir haben die Klassenlehrerinnen gefragt und wir kennen die Kinder aus dem Deutschunterricht und wir wissen, wer musikalisch ist, wer besucht die Musikschule, aber eigentlich wer wollte und konnte ein bisschen singen, der konnte mitmachen."

Haben sich viele Kinder gemeldet, war das Interesse groß?

Hana Napravnikova: "Ja bei Mädchen schon, bei den Jungs war bisschen kleiner."

Wie alt sind die Kinder? Von welcher Klasse machen die mit bis zu welcher?

Hana Nápravníkova: "Wir haben am 19. März angefangen. Also das waren Kinder aus der 1. Klasse auch mit. Jetzt sind die in der 2. und bis Gymnasium Tertia. Also sechs bis vierzehn Jahre."

Kamila: "Ich spiele den Bäcker und ich heiße Kamila und ich gehe in die vierte Klasse."

Katja: "Ich heiße Katja, ich spiele den Hund und gehe in die fünfte Klasse."

Greta Klingsberg-Hofmeister: "Plötzlich gab es einen Katze, einen Hund, Milch, eine Schule, das sind ja Sachen, die wir nicht kannten in der Wirklichkeit"

Veronika: "Also, ich heiße Veronika, ich spiele die Katze und ich bin jetzt in der Sekunda, in der zweiten Klasse auf dem Gymnasium."

Macht es Spaß? Die Proben?

Veronika:" Ja, manchmal, wenn die Lehrerinnen nicht böse sind."

Wie ist es mit den Proben? Ist es ein Problem bei den Kindern oder sind die mit Spaß immer noch dabei nach so langer Zeit?

Hana Napravnikova: "Also es ist sehr interessant, weil, wenn man so lange eine Sache mit den Kindern macht, dann kommt natürlich: "Uninteressant", "Bin müde" usw. aber bei dieser Sache muss ich sagen, je länger wir das jetzt mit den Kindern machen, desto schöner finden es die Kinder und auch bei den Proben, wenn wir mit den Solisten machen, dann hören die zu und eigentlich haben wir keine Probleme damit."

Anna: "Ich bin die Anna, ich spiele den Brundibar und ich gehe in die 8. Klasse, und es gefällt mir."

Was wisst ihr über die Oper und die Geschichte, wie sie entstanden ist?

Anna: "Sie ist von Hans Krasa und ist in Terezin, Theresienstadt entstanden."

Und macht es euch Spaß, soviel zu üben?

Anna: "Ja, also es ist nicht so schwer, also es geht."

Wie ist es mit dem Inhalt der Oper. Haben Sie den Kindern erklärt zu welcher Zeit und unter welchen Umständen sie entstanden ist?

Hana Napravnikova: "Wir haben mit den Kindern ein Projekt gemacht, wir waren mit den Kindern auch in Theresienstadt, die wissen natürlich, also nicht nur den Inhalt, sondern auch die historischen Gründe zu diesem Werk."

Adam: "Ich bin Adam ich spiele den Pepicek und ich gehe in erste Klasse am Gymnasium und das macht alles Spaß, finde ich."

Seid ihr ein bisschen nervös, dass ihr bald Premiere habt?

Adam:"Ja, aber nur ein bisschen."

Greta Klingsberg-Hofmeister: "Jedes der Kinder wollte mitmachen im Chor und das ging eben nicht. Eben es bedeutet es ist so eine nette Musik mit bisschen Ausstattung und Fröhlichkeit, Stunden des Normalseins würde ich fast sagen. Dann vergisst man alles, Musik kann ja alles verschönern."

Greta Klingsberg-Hofmeister: "Tschechisch ist die Sprache in der es von mir mehr als 50 mal gesungen wurde. Ich kann nicht den ganzen Text, aber einiges doch. Und ich muss noch dazu sagen. Jetzt singen die Kinder immer "wir haben den Krieg gewonnen". Das haben wir nicht gesungen wir haben "wir haben es gewonnen", nämlich das ES, das Überwinden des Bösen, das Zusammenhalten bei der Arbeit, bei der Wahrheit stehen und wenn wir keine Angst haben und bei der Wahrheit stehen, der kann unser Freund sein, mit dem spielen wir, das ist das Ende von der ganzen Geschichte."

Ein Tipp für unsere Hörerinnen und Hörer, die in und um Berlin wohnen: Am 20. November werden die Kinder aus Prag die Oper Brundibar auf Einladung des Vereins Pro Arte vivendi in der St. Anna-Kirche in Berlin Dahlem aufführen.

Die Aufführung der Oper im Festsaal der Prager jüdischen Gemeinde fand im Rahmen des 12. Else-Lasker-Schüler-Forums in Prag statt. Zu diesem hatte die Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft eingeladen, deren Fernziel die Gründung eines Zentrums der verfolgten Künste ist.