Europäische Identität

EU-Osterweiterung? Zugegeben - politisch gesehen hat sie definitiv Schluß gemacht mit der Trennung zwischen Ostblock und Westen. Aber ein automatisches Zusammenwachsen bedeutet das noch lange nicht. Immerhin gibt es selbst in Deutschland noch Resentiments auf beiden Seiten - und das fünfzehn Jahre nach dem Mauerfall. Also haben kirchliche Organisationen gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung das Projekt "European Identity" ins Leben gerufen. Anita Müller stellt es Ihnen im folgenden Beitrag vor:

Grenzstadt Görlitz - woran denken Sie? Autodiebstahl und Prostitution? Die alte Teilung lebt in viele Köpfen immer noch weiter. In Sachen Zusammengehörigkeit gibt es viel Nachholbedarf. Und genau daran arbeiten Stiftungen und Organisationen aus den drei Nachbarländern Polen, Tschechien und Deutschland seit 2002. Ihr Projekt heißt "European Identity" und richtet sich vor allem an junge Leute. Von Jiri Silny, Direktor der Ökumenischen Akademie Prag und Mitverantstalter, wollte ich wissen, ob denn seiner Meinung nach so ein Projekt etwas nütze:

"Ich denke, für die vielen Menschen, die sich in den drei Jahren direkt beteiligt haben, war das auf jeden Fall ein Gewinn. Das muss ich auch über mich selbst sagen, weil man auch durch die Konfrontation mit anderen Identitäten der eigenen mehr bewusst wird und man das auch reflektieren kann und lernt, dass die anderen keine Bedrohung sein müssen, sondern eine Bereicherung. Das war glaube ich der Hauptgewinn aus diesem Prozess."

Foto: Europäische Kommission
Bisher hat es in jedem Jahr ein anderes Schlüsselthema gegeben, das entweder mit Tschechien, Deutschland oder Polen in Verbindung stand. Tschechien stand 2002 als Beispiel für das Thema Kultur, 2003 war es Polen beim Thema Religion. Wissenschaftler, Politiker und Akademiker aus den drei Ländern diskutieren in Vorträgen und Workshops, was diese Themen für die Europäische Identität bedeuten. Sie richten sich damit allgemein an Schüler und Studenten oder auch an Nichtregierungsorganisationen, die so genannten NGOs. In diesem Jahr tragen die Teilnehmer Ideen über die Rolle der "Region" in Europa im zusammen. Vom 23.-26. September stellen sie in Görlitz ihre Resultate auf der Abschlusskonferenz vor. Die Teilnehmer suchen Wege um zu verhindern, dass sich regionale Besonderheiten in Europa auflösen. Gerade die seien für eine gegenseitige Bereicherung wichtig, meint Jiri Silny:

"Die regionale oder kulturelle Identität ist ja etwas, das eben nicht gegen die anderen gerichtet ist, sondern zum kulturellen Austausch führen kann. Ich denke, die Idee, dass es ein Europa der Regionen gibt ist schon eine zukunftsweisende Idee. In unseren Projekten untersuchen wir auch verschiedene Möglichkeiten der lokalen Wirtschaft und dass man so viel wie möglich sich selbst vor Ort schafft; dass ist auch die Idee der ökologischen Nachhaltigkeit, die dann mit der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Nachhaltigkeit verbunden ist."

Aber natürlich sieht auch Silny die Schwierigkeiten. Zum Beispiel, dass Kultur zur Folklore wird und dem Kommerz zum Opfer fällt:

"Also das ist zum Beispiel für Prag eine Gefahr, dass Prag zu einer Touristenstadt wird, wo man alles nur anbietet um an die Gelder zu kommen von denen, die uns besuchen."

Also dieser Tage und noch bis Sonntag kann man in Görlitz die Konferenz "European Identity" besuchen. Weitere Informationen über das Projekt finden sie im auch Internet unter: www.european-identity.org.