Das kommunistische "Nein" zur EU und die Haltung der Partei nach dem Referendum

Nach dem EU-Gipfel in Thessaloniki, auf dem Tschechien gemeinsam mit allen anderen Mitglieds- und Beitrittsländern über die großen Perspektiven wie künftige Erweiterungsoptionen oder eine europäische Verfassung diskutierte, machen wir nun einen Blick zurück auf das innenpolitische Parkett Tschechiens. Und wir wenden uns jener Partei zu, die als einzige Parlamentspartei offen dazu aufgefordert hatte, gegen den EU-Beitritt des Landes zu votieren: nämlich den Kommunisten. Gerald Schubert berichtet:

Die argumentative Linie der Kommunisten vor dem Referendum: Der Europäische Integrationsprozess sei zwar in langfristiger Hinsicht zu begrüßen, gegenwärtig aber lehne man einen Beitritt Tschechiens ab. Grund: Die ausgehandelten Beitrittsbedingungen seien schlecht, und die künftige Entwicklung der EU ungewiss. Jene Haltung wurde freilich von den Beitrittsbefürwortern heftig kritisiert. Zum einen werde man in Zukunft als eventueller Nachzügler bestimmt keine besseren Beitrittsbedingungen vorfinden als nun. Eher im Gegenteil. Und vor allem: Das Argument, dass man ja nicht wisse, in welche Richtung der Zug nun fahren werde, zeuge von mangelndem Verantwortungsbewusstsein. Denn gerade jetzt habe man eben die Chance, auf den Zug aufzuspringen und über die Fahrtrichtung selbst mitzuentscheiden.

Nachdem nun also die Tschechinnen und Tschechen sich doch mit eindeutiger Mehrheit für den Beitritt ausgesprochen hatten, gab es in den Reihen der Kommunisten kurzes Zögern über die weitere Strategie. Noch am Wahlsamstag meinte Parteichef Grebenicek, man wolle noch prüfen, ob es eventuelle Unregelmäßigkeiten in den Wahllokalen gegeben habe. Diese Idee ließ man dann doch schnell fallen, die Kommunisten verlautbarten, das Abstimmungsergebnis anzuerkennen. Inhaltlich jedoch blieb man auf Kurs. Am Donnerstag meinte auf einer Pressekonferenz in der Parteizentrale der Vizeparteichef Vaclav Exner:

"Wir bleiben dabei, dass die Beitrittsbedingungen, die die tschechische Regierung ausgehandelt hat, wie überhaupt allgemein die Beitrittsbedingungen der neuen Mitgliedsstaaten, unvorteilhaft sind. Daran hat natürlich das Ergebnis des Referendums nichts geändert."

Im internationalen Vergleich fällt dabei vor allem eines auf: Die Kommunisten mehrerer anderer Kandidatenländer hatten sich für den EU-Beitritt ihrer Staaten ausgesprochen, darunter die des Nachbarlandes Slowakei, das ja mit Tschechien historisch besonders eng verbunden ist. Worin besteht denn hier nun der große Unterschied zischen den beiden Schwesterparteien, wollte Radio Prag wissen. Warum haben die slowakischen Kommunisten einen Beitritt befürwortet? Exner dazu:

"Ihre Argumentation beruhte darauf, dass die Europäische Union wohl nicht mehr wird zulassen können, dass die gegenwärtige Politik in der Slowakei fortgesetzt wird. Und dass die EU damit eigentlich eine Unterstützung wäre für Veränderungen, die auch die Kommunistische Partei der Slowakei mittragen könnte. Ich persönlich habe gegenüber diesem Ansatz gewisse Vorbehalte. Denn ich bin der Ansicht, dass es nicht erforderlich ist, dass irgendein Protektor kommt, um Ordnung zu machen. In erster Linie sollten die Bürger eines Landes selbst Ordnung machen und die Entscheidungen über die Entwicklung dieses Landes fällen. Dennoch verstehe ich, dass in der konkreten Situation der Slowakei eine solche Argumentation möglich ist."

Gleichwohl, ob man die Nachwahlbetrachtungen der Kommunisten nun als etwas komplizierte Versuche zur Wahrung des Gesichts oder als ernsthafte Analyse der Situation verstehen will. Sicher ist eines: Selbst die Anhänger der Kommunistischen Partei haben zu mehr als 35 Prozent für den EU-Beitritt gestimmt. Angesichts der dort ansonsten legendären Parteidisziplin ist auch das eine durchaus beachtliche Zahl.