Aktionskünstler von „ztohoven“ leben ein halbes Jahr unter falscher Identität

Projekt „Bürger K.“ (Foto: ČTK)

Die Künstlergruppe „ztohoven“ (auf Deutsch etwa „Rausvonhier“) zieht in regelmäßigen Abständen die Aufmerksamkeit der Medien auf sich. Vor drei Jahren erregte zum Beispiel eine Atombombenexplosion im Riesengebirge, die ins sonntägliche Frühstücksfernsehprogramm hineinmontiert wurde, großes Aufsehen. Was manch einer für einen gelungenen Scherz hielt, überschritt für viele die Grenze des guten Geschmacks. Die Mitglieder von „ztohoven“ selbst erklärten, man habe zum Nachdenken über das verzerrte Bild der Wirklichkeit in den Medien anregen wollen. Mit solchen Aktionen gerät „ztohoven“ immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt. So auch mit dem aktuellen Projekt „Občan K.“ (Bürger K.). Über das Projekt hat Daniel Kortschak mit Patrick Gschwend gesprochen.

Projekt „Bürger K.“  (Foto: ČTK)
Patrick, mit „Občan K.“ hat „ztohoven“ zum ersten Mal eine Aktion im Voraus angekündigt, und zum ersten Mal sind die Künstler aus dem öffentlichen Raum in eine improvisierte Galerie umgezogen. Das war am vergangenen Donnerstag.

„Richtig, aber die etwa 300 Besucher, die eine spektakuläre Aktion erwartet haben, wurden zunächst enttäuscht. Die Aktion am frühen Donnerstagabend war mehr oder weniger eine herkömmliche Vernissage. Zu sehen waren ein Dutzend Personalausweise. Was daran dann doch spektakulär ist: Die Ausweise sind ungültig. Die Mitglieder von ‚ztohoven’ haben mit der so genannten Technik des Morphing jeweils zwei Passfotos überblendet. So entstand ein Porträt, das die Gesichtszüge von zwei verschiedenen Personen trug. Die Künstler haben dann unter dem Namen der jeweils anderen Person erfolgreich bei den Behörden einen Ausweis beantragt und ein halbes Jahr unter falscher Identität gelebt. Und nicht nur gelebt: Sie sind damit in der Welt herumgereist, sie sind damit zur Wahl gegangen und einige haben damit sogar geheiratet.“

Projekt „Bürger K.“  (Foto: ČTK)
Das klingt durchaus spektakulär. Worum geht es „ztohoven“ mit „Občan K.“?

„Die Mitglieder von ‚ztohoven’ haben sich geweigert mit Journalisten über ihr Projekt zu sprechen, aber in einer Art Manifest heißt es, man wolle die Mitbürger dafür sensibilisieren, wie einfach private Informationen missbraucht werden können. Es wird außerdem ein Verlust der Identität angeprangert. In unserer technisierten Zeit verkomme der Einzelne zur Nummer, sei das die Nummer des Personalausweises, die Nummer auf der Versicherungskarte, die Nummer des Bankkontos oder die Hausnummer. Mithilfe dieser Nummern würden wir überwacht und kontrolliert. Das Individuum werde soweit zur Nebensache, bis wir uns vor unserem eigenen Gesicht fürchten. Es gelte also dieses Gesicht zu wahren, schreiben ‚ztohoven’ in ihrem Manifest. Ihr Leben unter falscher Identität haben die Künstler übrigens ausführlich dokumentiert. Es soll noch ein Dokumentarfilm darüber entstehen.“

Einer der Mitglieder von ‚ztohoven’ mit dem Pseudonym Roman Týc wurde relativ rabiat festgenommen  (Foto: ČTK)
Mit „Občan K.“ haben die Künstler wohl einmal mehr die Grenze des Legalen überschritten. Wie haben die Behörden reagiert?

„Nachdem die Polizei aus den Medien über das Projekt erfahren hatte, rückten einige Beamte in die Ausstellungsräume aus und beschlagnahmten die Ausweise. Es soll jetzt erstmal festgestellt werden, ob es sich dabei um Fälschungen handelt, oder ob die Dokumente tatsächlich amtlich ausgestellt worden sind. Einer der Mitglieder von ‚ztohoven’ mit dem Pseudonym Roman Týc wurde relativ rabiat festgenommen, aber wenige Stunden später wieder freigelassen. Eine Anklage sei bisher nicht erfolgt, sagte Týc hinterher. Man kann aber wohl davon ausgehen, dass hier das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.“