Letzte Bastion der Prager Hausbesetzerszene geräumt

Foto: ČTK

Rund ein Dutzend Häuser hatten verschiedene Gruppen nach der politischen Wende vor 20 Jahren in Prag besetzt. In der vergangenen Jahren wurden alle dieser meist zum Abbruch bestimmten Häuser geräumt. Fast alle, denn im Stadtteil Holešovice hielten einige Dutzend Anhänger der linken Szene die Villa Milada besetzt. In den vergangenen beiden Tagen wurde sie nun gewaltsam geräumt. Die tschechische Regierung verspricht den Autonomen ein Ersatzquartier.

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Lautstark protestierten die Hausbesetzer und einige Dutzend Sympathisanten am Mittwoch gegen die gewaltsame Räumung der „Villa Milada“ im Stadtteil Holešovice. „Haut ab, haut ab!“ skandierte die aufgebrachte Menge in Richtung der vermummten und schwer bewaffneten Polizisten. Später flogen nicht nur Worte, sondern auch Flaschen und Steine in Richtung der Ordnungshüter, mindestens drei Beamte wurden verletzt. Vier Demonstranten wurden verhaftet.

Seit 1998 bewohnten die überwiegend jungen Leute die seit Ende der 1980er-Jahre leerstehende Villa. Immer wieder beschwerten sich Anwohner und Bewohner des benachbarten Studentenheims über Lärm bis spät in die Nacht, Schmutz und frei laufende Hunde. Bereits mehrmals versuchte man das Haus zu räumen. Doch wegen der nach der Samtenen Revolution ungeklärten Eigentumsverhältnisse gab es für eine Zwangsräumung keine Rechtsgrundlage: Das Abbruchhaus war nämlich aus dem Grundbuch gelöscht worden, existierte also offiziell gar nicht mehr. Seit einigen Wochen scheint es nun wieder im Kataster auf: Eigentümer ist der tschechische Staat, mit der Verwaltung beauftragt ist das „Informationsinstitut des Bildungsministeriums“. Dessen Leiterin Pavla Zieleniecová verteidigte im Tschechischen Fernsehen die Räumung: Als Vertreterin des Eigentümers habe sie nicht anders handeln können, es sei ihre Pflicht, die Ansprüche des Staates zu sichern.

Das dem Bildungsministerium untergeordnete Institut hat deshalb einen privaten Sicherheitsdienst mit der Räumung der Villa Milada beauftragt. Als sich in der Nacht auf Mittwoch acht Hausbesetzer auf dem Dach verschanzten, rief die Sicherheitsagentur Polizei und Feuerwehr zu Hilfe. Einige der Aktivisten kletterten nach Verhandlungen mit der Polizei selbst vom Dach, zwei wurden von Sicherheitsleuten überwältigt. Die Hausbesetzer werfen den privaten Wachleuten übertriebene Gewaltanwendung vor, außerdem seien persönliche Gegenstände beschädigt oder entwendet worden:

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„Wir fordern eine Erklärung für diese Räumung, die unserer Ansicht nach klar rechtswidrig war“, so der Sprecher der Aktivisten Jan Němec im Tschechischen Fernsehen.

Dutzende Hausbesetzer und ihre Anhänger demonstrierten vor dem Sitz des Institutes in der Prager Innenstadt und belagerten das Informationszentrum. Als die Gespräche mit der Amtsleiterin ergebnislos abgebrochen wurden, zog ein Teil der Aktivisten lautstark durch das Prager Stadtzentrum. Einige der Hausbesetzer verhandelten inzwischen mit dem Minister für Minderheiten und Menschenrechtsfragen, Michael Kocáb, der in der Angelegenheit zu vermitteln versucht. Er bot den Aktivisten Ersatz für die geräumte Villa Milada an:

„Wir haben schon ein Angebot für ein Ersatzquartier bekommen. Ich werde auch noch mit dem Verteidigungs- und dem Landwirtschaftsministerium sprechen. Die haben viele ungenutzte Objekte, die sie den Aktivisten für eine symbolische Krone vermieten könnten.“

Die Hausbesetzer signalisierten bereits ihre Bereitschaft, ein derartiges Angebot anzunehmen. Auch über die Bezahlung der Betriebskosten werde man sich einigen, zeigte sich Minister Kocáb zuversichtlich.